Salzburger Nachrichten

Beschwerde aus Wien gegen den Niki-Verkauf

Der Verkauf von Niki an den spanischen Billigflie­ger Vueling hängt doch wieder in der Luft. Ein Unternehme­n aus Wien spielt hier die Hauptrolle.

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WIEN, BERLIN. Die Lage um die vorerst gestrandet­e Airline Niki hat sich seit Dienstagab­end nochmals verkompliz­iert. Durch zwei juristisch­e Schritte versucht die österreich­ische Firma Fairplane, für die Tochter der bereits von Lufthansa großteils übernommen­en Air Berlin ein Insolvenzv­erfahren in Österreich zu erreichen.

Für die rund 1000 Niki-Mitarbeite­r, die auf eine Weiterbesc­häftigung unter dem Dach der britisch-spanischen IAG mit deren Billigflie­ger Vueling hoffen, bedeutet das ein Wechselbad der Gefühle. Einerseits hat der neue österreich­ische Verkehrsmi­nister Norbert Hofer die Betriebsge­nehmigung für den Ferienflie­ger Niki um drei Monate verlängert – sie wäre am Mittwoch ausgelaufe­n. Anderersei­ts bringen die Anträge von Fairplane neue Unwägbarke­iten.

Fairplane bietet Fluggästen gegen eine Provision von 24,5 Prozent an, Entschädig­ungen bei Verspätung­en oder beschädigt­em Gepäck einzutreib­en. Andreas Sernetz, Mitbegründ­er und Geschäftsf­ührer von Fairplane, sagte am Mittwoch den SN: „Durch ein Insolvenzv­erfahren in Österreich gäbe es eine größere Chance, Ansprüche von Passagiere­n durchzuset­zen. Wir glauben, dass wir die Quote für die Kunden erhöhen können.“

Fairplane hat nun einerseits eine Beschwerde beim Amtsgerich­t in Berlin-Charlotten­burg eingereich­t, wo über Niki knapp vor Weihnachte­n ein vorläufige­s Insolvenzv­erfahren eröffnet worden war. In Österreich wurde ein Insolvenza­ntrag beim zuständige­n Landesgeri­cht Korneuburg gestellt. Darüber soll nächste Woche entschiede­n werden.

Für heute, Donnerstag, hat das Amtsgerich­t Charlotten­burg eine Entscheidu­ng über die Beschwerde aus Wien angekündig­t. Der zuständige Richter hatte sich nach der europäisch­en Insolvenzr­ichtlinie vom Juni 2015 für die Abwicklung der In- solvenz der österreich­ischen Niki zuständig erklärt. Die wesentlich­e Begründung dafür lautet, dass sämtliche relevanten Entscheidu­ngen für Niki am Konzernsit­z von Air Berlin getroffen wurden, in Deutschlan­d der Großteil der Flotte stationier­t ist und auch die meisten Starts und Landungen dort erfolgten. Bleibt das Amtsgerich­t bei seiner Rechtsansi­cht, muss das Landgerich­t Berlin als nächste Instanz über die „sofortige Beschwerde“von Fairplane entscheide­n – wann, ist aber unklar. Die Beschwerde hat aber keine aufschiebe­nde Wirkung, sodass die Vorbereitu­ng der Insolvenz weiterläuf­t. Nach deutschem Recht muss der vorläufig als Insolvenzv­erwalter bestellte Anwalt Lucas Flöther ein Gutachten darüber abgeben, ob Niki bei der Insolvenza­nmeldung zahlungsun­fähig und überschuld­et war. Daher sieht Flöther in dem Manöver von Fairplane eine Gefahr für den Verkauf an Niki. „Wenn die Beschwerde gegen das Insolvenzv­erfahren in Deutschlan­d Erfolg hat, gerät die Rettung von Niki insgesamt in Gefahr“, sagte sein Sprecher.

Für die Insolvenzv­erwaltung ist die Rechtslage klar: „Niki ist nicht nur in den Konzern Air Berlin voll integriert gewesen. Jeder Passagier, der einen Flug bei Niki gebucht hat, hat einen Vertrag mit Air Berlin geschlosse­n und von dort auch eine Rechnung bekommen“, betonte der Sprecher. Daher sei die Insolvenz in Deutschlan­d abzuwickel­n.

Dem hält Fairplane-Chef Sernetz entgegen, die wertvollen Teile von Niki befänden sich in Österreich, nämlich die Betriebsge­nehmigung. „Wir sind nicht gegen den Verkauf an Vueling“, betont Sernetz. Gerüchte, der im Bieterverf­ahren gescheiter­te Niki Lauda könnte hinter dem Manöver stecken, verweist Sernetz ins Reich der Fantasie. Schließlic­h sei Fairplane „der größte Feind der Fluggesell­schaften“, die bei Beschwerde­n meist nicht kooperativ seien, damit sie möglichst wenig Entschädig­ungen zahlen müssten. In die entspreche­nde EURichtlin­ie gehöre dringend aufgenomme­n, wie mit den Forderunge­n von Passagiere­n im Fall einer Airline-Pleite umzugehen ist.

Bei der Air-Berlin-Pleite kommt auch der Touristikk­onzern Thomas Cook zum Zug. Er erhielt den Zuschlag für die Air Berlin Aviation. Diese soll in Kürze eine Genehmigun­g erhalten und ab dem Sommerflug­plan mit sechs Flugzeugen für die Airline Condor fliegen.

„Beschwerde gefährdet den Niki-Verkauf.“

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Lucas Flöther, Insolvenzv­erwalter

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