Die hohe Kunst des Verlierens
Ein gewisses Maß an Souveränität in der Krise, das ist im heimischen Spitzensport nicht wirklich verankert. Gerade sind die Peinlichkeiten rund um die Ablöse von Marcel Koller und die Neubestellung des Teamchefs im Österreichischen Fußball-Bund verdaut, zerfleischt man sich im Österreichischen Skiverband. Von den Missbrauchsvorwürfen vor Kurzem in den Grundfesten erschüttert, sorgt aktuell das Springerteam für negative Schlagzeilen. Dass nach dem schwächsten Tournee-Abschneiden seit 39 Jahren mit Alexander Pointner noch dazu ein ehemaliger Angestellter des ÖSV in der Öffentlichkeit als größter Kritiker auftritt, passt irgendwie ins Bild.
Die einst so stolzen Skispringer befinden sich in Turbulenzen, die von einigen Ausnahmetalenten bisher recht gut kaschiert wurden. Lässt Stefan Kraft – wie beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen – einmal aus, offenbart es das momentane Leistungsniveau der ÖSV-Adler.
Von den Seriensiegen der „Superadler“jahrelang verwöhnt, ist die Erwartungshaltung im Land bis ins Unermessliche gestiegen. Aber auch den Springern muss zugestanden werden, einmal nicht ganz oben zu stehen. Es gehört zu den Grundprinzipien im Spitzensport, dass man entweder gewinnt oder verliert. Entscheidend ist letztlich, wie man verliert, ob man sich selbst einen Fehler eingesteht und daraus seine Lehren zieht. Die Kunst besteht manchmal nicht allein darin, Tourneesieger, Weltmeister oder Gesamtweltcupsieger zu werden, sondern in der sportlichen Krise sachlich und souverän zu bleiben. Sollte dies den Skispringern gelingen, dann ist nur die Vierschanzentournee, aber noch lange nicht Olympia 2018 verloren.