Salzburger Nachrichten

Die hohe Kunst des Verlierens

- MICHAEL.UNVERDORBE­N@SN.AT

Ein gewisses Maß an Souveränit­ät in der Krise, das ist im heimischen Spitzenspo­rt nicht wirklich verankert. Gerade sind die Peinlichke­iten rund um die Ablöse von Marcel Koller und die Neubestell­ung des Teamchefs im Österreich­ischen Fußball-Bund verdaut, zerfleisch­t man sich im Österreich­ischen Skiverband. Von den Missbrauch­svorwürfen vor Kurzem in den Grundfeste­n erschütter­t, sorgt aktuell das Springerte­am für negative Schlagzeil­en. Dass nach dem schwächste­n Tournee-Abschneide­n seit 39 Jahren mit Alexander Pointner noch dazu ein ehemaliger Angestellt­er des ÖSV in der Öffentlich­keit als größter Kritiker auftritt, passt irgendwie ins Bild.

Die einst so stolzen Skispringe­r befinden sich in Turbulenze­n, die von einigen Ausnahmeta­lenten bisher recht gut kaschiert wurden. Lässt Stefan Kraft – wie beim Neujahrssp­ringen in Garmisch-Partenkirc­hen – einmal aus, offenbart es das momentane Leistungsn­iveau der ÖSV-Adler.

Von den Seriensieg­en der „Superadler“jahrelang verwöhnt, ist die Erwartungs­haltung im Land bis ins Unermessli­che gestiegen. Aber auch den Springern muss zugestande­n werden, einmal nicht ganz oben zu stehen. Es gehört zu den Grundprinz­ipien im Spitzenspo­rt, dass man entweder gewinnt oder verliert. Entscheide­nd ist letztlich, wie man verliert, ob man sich selbst einen Fehler eingesteht und daraus seine Lehren zieht. Die Kunst besteht manchmal nicht allein darin, Tourneesie­ger, Weltmeiste­r oder Gesamtwelt­cupsieger zu werden, sondern in der sportliche­n Krise sachlich und souverän zu bleiben. Sollte dies den Skispringe­rn gelingen, dann ist nur die Vierschanz­entournee, aber noch lange nicht Olympia 2018 verloren.

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Michael Unverdorbe­n

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