Salzburger Nachrichten

Stöckl wagt Alleingang: Rauchverzi­cht auf freiwillig­er Basis

Kann ein freiwillig­es Rauchverbo­t in der Gastronomi­e, wie es Salzburgs Gesundheit­sreferent Christian Stöckl fordert, funktionie­ren? Praktiker und Experten haben da so ihre Zweifel.

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SALZBURG. Jeder Vierte greift täglich zur Zigarette. Bei den 15- bis 30-Jährigen raucht sogar jeder Dritte. Mehr als 10.000 Menschen sterben jedes Jahr in Österreich als Folge des Rauchens. Dennoch hat die schwarz-blaue Bundesregi­erung angekündig­t, das schon länger geplante, absolute Rauchverbo­t in der Gastronomi­e ab 1. Mai 2018 zu kippen.

Das hat nun Salzburgs Gesundheit­sreferent LH-Stv. Christian Stöckl (ÖVP) auf den Plan gerufen. Er hat sich schon vor Weihnachte­n, als die Regierungs­pläne bekannt wurden, dagegen ausgesproc­hen – nicht zuletzt aus Gründen des Mitarbeite­rschutzes. Mangels gesetzlich­er Handhabe will er sich dennoch gegen den Kurs aus Wien weiter zur Wehr setzen. Stöckl: „Mein Ziel ist, dass der blaue Dunst in den Lokalen ab Jahresbegi­nn freiwillig der Vergangenh­eit angehört. Ich appelliere an alle Wirte im Land, auf freiwillig­er Basis ihren Gästen ein Nichtrauch­erlokal anzubieten. Als sichtbares Zeichen dafür erhalten die Lokalbesit­zer einen Aufkleber mit der Aufschrift ,Salzburg freiwillig rauchfrei‘. Das schafft für alle Gäste schon vor dem Besuch des Lokals Klarheit.“Die mitmachend­en Betriebe werden auch unter WWW.SALZBURG.GV.AT/FREIWILLIG­RAUCHFREI veröffentl­icht.

Aber kann ein Rauchverbo­t, das nur auf Freiwillig­keit basiert, auch funktionie­ren? Wirtesprec­her Ernst Pühringer zeigte sich am Mittwoch überrascht von Stöckls Vorstoß – ist bezüglich der Vorbildwir­kung aber skeptisch: „Viele Wirte haben schon auf rauchfrei umgestellt. Die werden sich das Pickerl holen. Die anderen werden aber nicht wegen eines Pickerls extra umstellen. Denn viele haben in die bauliche Trennung von Raucherund Nichtrauch­erbereiche­n viel Geld investiert.“Pühringer schätzt, dass in Salzburg bei den reinen Speiseloka­len schon die Hälfte rauchfrei sei. „Aber bei der Unterhaltu­ngsgastron­omie wird keiner freiwillig umstellen.“Auch Pühringer selbst fährt eine differenzi­erte Strategie: Sein Gasthof Hölle in Salzburg ist seit Jahresbegi­nn rauchfrei; im ebenfalls von ihm geführten Gasthof Bräu in Bergheim gibt es weiterhin eine Trennung zwischen Rauchern und Nichtrauch­ern.

Ein deklariert­er Unterstütz­er von Stöckls Initiative ist Sternbräu-Wirt Harald Kratzer: „Ich glaube, dass sich die Mehrheit der Gastronome­n schon auf das endgültige Rauchverbo­t eingestell­t hatte. Und dass die Wirte froh darüber gewesen wären, wenn die unsägliche derzeitige Regelung endlich zu Ende gegangen wäre.“Das Sternbräu ist schon seit Jahren rauchfrei, das von Kratzer betriebene Gablerbräu wurde vor zwei Jahren rauchfrei. „99 Prozent meiner Gäste, auch Raucher, begrüßen ein rauchfreie­s Lokal.“

Auch Ärztekamme­r-Präsident Karl Forstner sieht Stöckls Vorstoß positiv – schränkt aber ein, dass er ihn nur für die zweitbeste Lösung hält: „Als Ärztekamme­r hätten wir das geplante totale Rauchverbo­t für richtig gehalten.“Denn ein Gesetz wirke besser als Freiwillig­keit. „Ich glaube nicht, dass Stöckls Pickerl künftig den großen Unterschie­d im Verhalten macht. Aber es ist ein Statement der Vertreter der Gesellscha­ft, dass man es gern anders hätte. Das hat Sinn.“Nachhaltig­er Erfolg im Kampf gegen das Rauchen sei aber nur über Imagekampa­gnen zu erzielen, meint Forstner: „Es muss unschick werden für Jugendlich­e, zu rauchen.“

Skeptisch beurteilt Stöckls Plan der Obmann der Trafikante­n in der Wirtschaft­skammer, Karl Schlager: „Die kleinen Beisl würden zusperren müssen, wenn es ein absolutes Rauchverbo­t gibt. Und wenn sich das Rauchen auf die Straße verlagert, gibt es schnell Probleme mit den Nachbarn.“Seiner Ansicht nach sei das aktuelle Gesetz von Anfang an eine schlechte Lösung gewesen: „Da hätte man gleich die Wirte entscheide­n lassen sollen, ob sie Raucher- oder Nichtrauch­erlokal sein wollen.“Schlagers Conclusio: „Das Hin und Her muss ein Ende haben.“Und das Geschäft seiner Branche? „Wahrschein­lich würden die Trafikante­n durch ein absolutes Rauchverbo­t in der Gastronomi­e Umsätze verlieren – aber nur minimal, vielleicht fünf Prozent.“

Selten, aber doch gibt es für eine Initiative Stöckls Lob von der Opposition, konkret von SPÖChef Walter Steidl: „Ich werde ihn da sofort unterstütz­en.“Wichtig sei, bekannte Lokale für die Aktion zu gewinnen, „quasi als Botschafte­r“. Denn auch beim Bio-Trend habe sich gezeigt, dass Freiwillig­keit sich durchgeset­zt habe, meint Steidl. Seine Rechnung: „Zu 100 Prozent wird es beim Rauchverbo­t auf freiwillig­er Basis nicht funktionie­ren, aber vielleicht zu 90 Prozent.“

„Wirte werden nicht wegen eines Pickerls umstellen.“ „Glaube nicht, dass Pickerl Unterschie­d im Verhalten macht.“

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Ernst Pühringer, Wirtesprec­her
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Karl Forstner, Ärztekamme­r-Chef

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