Neue Gipfel und Gräben in Sicht
Die starke Konjunktur stützt die Finanzmärkte. An Aktien dürfte auch 2018 kein Weg vorbeiführen. Und die Politik könnte wieder für Überraschungen sorgen.
Der Blick in die Glaskugel, mit der man die Zukunft vorhersehen kann, ist reizvoll, aber meist vergeblich. Dennoch sind Prognosen unentbehrlich – weil jede wirtschaftliche Tätigkeit eine Art Wette auf die Zukunft ist. Wohin also werden sich die Finanzund Kapitalmärkte bewegen?
Das politische Umfeld scheint auf den ersten Blick etwas stabiler als vor einem Jahr. Damals standen Parlamentswahlen in den Niederlanden, in Frankreich, Deutschland und Österreich ins Haus. Die große Sorge war, ob es gelingen würde, die Stabilität der Eurozone aufrechtzuerhalten. Bei näherer Betrachtung lauern aber auch 2018 schwere Prüfungen für Europa. Dabei sind es weniger einzelne große Ereignisse, es ist vielmehr ein Fleckerlteppich aus vielen mittelgroßen Herausforderungen, die sich aber auch zu Krisen auswachsen könnten. Dazu gehören die komplizierte Regierungsbildung in Deutschland, die Unabhängigkeitsbestrebungen im spanischen Katalonien, die Brexit-Verhandlungen, Parlamentswahlen in Italien, Slowenien und Schweden.
Im August will sich Griechenland nach acht dürren Jahren erstmals wieder über den Kapitalmarkt finanzieren – das könnte die Krise entweder ein für alle Mal bereinigen oder erneut aufflackern lassen.
Von den wirtschaftlichen Zahlen her meinen es die Sterne gut mit 2018. Drei Viertel der gesamten Weltwirtschaft befänden sich in einem Aufwärtstrend, sagt der Internationale Währungsfonds IWF, der seine Prognose für die globale Wirtschaft 2018 auf 3,7 Prozent erhöht hat. Die Wirtschaft der Eurozone soll laut IWF heuer um 1,9 Prozent (2017: 2,1 Prozent) wachsen, die der USA um 2,0 (2,2) Prozent.
Dass es erstmals seit der Finanzkrise einen synchronen Aufschwung in den USA, Europa und Japan gibt, bedeutet für Markus Ploner, Geschäftsführer bei Spängler IQAM Invest, dass wieder verstärkt investiert wird, „und das könnte für weitere Gewinne sorgen“. Da der US-Aktienmarkt aber schon deutlich über dem historischen Durchschnitt liege, empfiehlt Ploner eher die Aktienmärkte in Europa und in den Emerging Markets. Er verweist auch auf die Rohstoffe, die seit fünf Jahren sehr billig sind. „Die werden irgendwann zurückkommen und könnten dann im Portfolio als Inflationsschutz wirksam werden.“
Österreichs Volkswirtschaft sehen die Prognostiker des Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo) nächstes Jahr wie heuer um 3,0 Prozent wachsen, das Institut für Höhere Studien (IHS) liegt mit 2,7 Prozent leicht darunter. Auch die Raiffeisen Bank International (RBI) erwartet ein leichtes Nachlassen der Dynamik auf 2,6 Prozent (nach 3,2 Prozent heuer). Kein Grund zur Sorge, sagt RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek. Denn damit folge auf das „höchste Wachstum seit zehn Jahren“immerhin noch eine Entwicklung, in der die Wirtschaft doppelt so rasch wachse wie im Jahr 1991.
An den Finanzmärkten dürften sich die neuen Vorzeichen der Zinspolitik niederschlagen. Während die US-Notenbank Fed bereits drei Zinserhöhungen durchgeführt hat, dürfte die Eurozone ihren Leitzins wohl auch 2018 noch bei null lassen und voraussichtlich erst im Frühjahr 2019 an der Zinsschraube zu drehen beginnen. Das verheißt vorläufig weiter extrem tiefe Anleiherenditen und eine negative Realverzinsung in diesem Bereich, selbst wenn die Europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet im zweiten Halbjahr ein Auslaufen des Anleihekaufprogramms ankündigen wird.
Im Vergleich zu festverzinslichen Papieren bleiben Aktien weiter attraktiv, zumal angesichts des starken konjunkturellen Umfelds steigende Unternehmensgewinne zu erwarten sind. Wie viel Optimismus oder bereits Vorsicht nach neun Jahren Aufschwung angebracht ist, darüber scheiden sich die Geister. Für Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege der Deutschen Asset Management, ist „die Rallye noch nicht zu Ende“. Aber mehrere Experten warnen vor stärkeren Kursschwan- kungen als zuletzt. Das Bankhaus Krentschker etwa empfiehlt daher eine breitere Streuung. In seinem Musterportfolio 2018 hält es daher neben Aktien (55 Prozent) und Anleihen (30 Prozent) zusätzlich Investments in Rohstoffe, Gold (je 6 Prozent) und Immobilien (3).
Im April beginne das bereits zehnte Jahr des Aufschwungs, sagt Brezinschek, der daher „ein schwankungsreicheres Aktienjahr“erwartet. Denn Bewertungen und Gewinnerwartungen seien bereits „ambitioniert hoch“, Kurskorrekturen von zehn bis 15 Prozent daher nicht ausgeschlossen. Eine echte Trendwende sei noch nicht erkennbar, Brezinschek rät Anlegern aber zu „mehr Aufmerksamkeit und Langfristigkeit“. Zur Jahresmitte sollte klar sein, ob der Zyklus anhält oder ausläuft. Das werde aber ruhiger erfolgen als 2008, denn „das Konjunkturmuster ist ein anderes als in der Vergangenheit und damit auch das Kapitalmarktmuster“.
Der deutsche Aktienindex Dax und der Dow Jones in New York könnten 2018 neue Rekordstände erklimmen, beim DAX sind 14.000 Punkte, im Dow Jones die 25.000 Einheiten in Reichweite. Der Wiener Index ATX gehört zwar 2017 mit einem Jahresplus von knapp 30 Prozent zu den großen Gewinnern weltweit, ist aber von seinem historischen Höchststand von 5011 Punkten im Juli 2007 noch weit entfernt. Er beendete das Börsenjahr 2017 mit zirka 3420 Punkten. Da ist noch Luft nach oben.