Freie Form ohne Schalung
Ein steirisches Unternehmen entwickelte ein vollkommen neues Herstellungsverfahren. Dabei lassen sich Betonformen ganz ohne Schalung in beliebiger Form einfach und kostengünstig herstellen.
Beton als Baustoff ist nicht nur im klassischen Hochund Tiefbau im Einsatz, sondern auch bei durchaus kreativen und künstlerischen Aktivitäten. Im steirischen Leoben hat die Firma Clever Contour nun ein neues System entwickelt, wie sich kreative Betonformen ohne Schalung herstellen lassen. „Ab Losgröße eins sind alle möglichen Freiformen kostengünstig realisierbar“, sagt Geschäftsführer Rudolf Stonawski. Thermoplastische Kunststoffe werden von einer speziell entwickelten vollautomatisierten Anlage gebogen und als formgebende Struktur eingesetzt. Mit handelsüblichem Trockenspritzbeton lassen sich mit i-Contour-Verfahren ortsunabhängig Bauteile in Feinputzqualität vorfertigen oder auch auf der Baustelle logistisch einfach produzieren. Mit der neuartigen Technologie können für geringere Kosten variabel geformte Elemente aus verschiedensten – unter anderem auch schallabsorbierenden und textilen – Materialien umgesetzt werden. „In Abhängigkeit von der Größe des Objekts ist so eine Kostenreduktion um bis zu 90 Prozent möglich“, sagt Stonawski. Freiformen, die bisher nicht direkt am Bau umgesetzt wurden und nur in großen Serien finanzierbar waren, sind nun in jedem Entwurf realisierbar.
Individuelle Gestaltung
Stonawski: „Insbesondere werden Projekte in Bezug auf die individuelle und kreative Gestaltung unterstützt, oder um punktuell Akzente bei einem Bau zu setzen.“Fassadenteile, Trennwände, Außenmöblierungen oder beliebige Raumelemente lassen sich nach individuellem Design fertigen und sind als einzigartige, figurative Elemente einfach umsetzbar. Stadtmöbel oder großformatige Pflanzenbehältnisse sind auch in geringer Stückzahl mit einzigartigen Designs machbar. Die i-Contour-Technologie ermöglicht erstmals, dass auch nach oben schließende Formen mit Innenwölbungen realisierbar sind, etwa für Stadtmöbel oder Pflanzentröge. Als planerisches Werkzeug dient CC-Tools, eine eigens entwickelte Software. Clever Contour unterstützt insbesondere das moderne, parametrische Design, wie es zum Beispiel im Büro Zaha Hadid Architects für die Planung unverwechselbarer Gebäudeformen eingesetzt wird. „Mit i-Contour lassen sich aber nicht nur Landmarkbuildings konstruieren. Die neu entwickelte Methode eignet sich besonders dafür, feine Designelemente für gewerbliche Nutzungen zu entwerfen oder ausgefallene Bauherrenwünsche zu erfüllen“, betont Designer Benedikt Stonawski, der die Leistungsfähigkeit der neuen Technologie mit einer Torsion Furniture aus Corian unter Beweis stellte. Denn originelle Entwürfe für Restaurants, Arztpraxen, Anwaltsbüros, Hotels oder Wohnhäuser bedeuten oft einen Mehrwert. Fein polierte Oberflächen oder Spezialputze sind mit der Methode kombinierbar.
Mit i-Contour lasse sich der besondere Anspruch an individuelle Raumwirkung auch bei niedrigeren Budgets erfüllen, betont Stonawski. Durch die notwendigen Sonderanfertigung der Schalung waren höhere finanzielle Mittel nötig, gleichzeitig war der Gestaltungsspielraum reduziert. „Ausgefallene Vorstellungen in der Gestaltung waren innerhalb des vorhandenen Kostenrahmens nicht unterzubringen“, betont der Experte.
Clever Contour bedient sich, wie schon erwähnt, der herkömmlichen Spritzbetontechnik, die als kostengünstige und äußerst haltbare Stabilisierungsmethode bewährt ist. Ein Kunststoffgerüst, bestehend aus einzeln vorgefertigten Strängen, dient als formgebende Struktur für die Aufbringung des Spritzbetons. „Zugfestigkeit kann derzeit beispielsweise über Carbonmatten in Kombination mit Stahl aufgenommen werden. Wir arbeiten daran, bald ganz ohne Stahlarmierung auszukommen“, sagt der technischer Leiter Sigurd Reiss. Das individuelle Grundgerüst wird durch den patentierten Fertigungsroboter stückweise zurechtgebogen. Am Computer geplante und berechnete Formen sind von der Maschine auf verlässliche Art kontrollierbar vorproduziert werden.
Besondere Anforderung für Akustik
i-Contour wird auch speziellen Anforderungen an Akustik und Brandschutz gerecht, die durch den Einsatz von Sonderputzen umsetzbar sind. Die neuartige Technologie ist beispielsweise einsetzbar, wenn schallbrechende Eigenschaften in der Akustik gefordert sind oder bei großen Raumhöhen eine Alternative zu aufwendigen Maßnahmen im Trockenbau erforderlich ist. Durch entsprechende Armierung sind die erstellten Objekte auch selbsttragend, hier unterscheidet sich das Verfahren grundlegend zum 3D-Druck von Betonobjekten.
Die vorgefertigten Einzelteile der formgebenden Kunststoffstruktur lassen sich einfach und ohne besonderes Werkzeug oder spezielles Fachwissen zusammensetzen. Der überschaubare Bausatz wird für jedes Konstruktionselement extra und übersichtlich an den Produktionsort geliefert. Für Baufirmen, welche die Methode als eigene Bauleistung anbieten wollen, besteht auch die Möglichkeit, einen Produktionsroboter selbst zu betreiben.
Im Unterschied zu 3D-Druck-Beton wird der Zement für das Trockenspritzverfahren mit i-Contour in reiner Form und ohne chemische Zusatzstoffe eingesetzt. Die Kunststoffstruktur lässt sich auch mit Recyclingkunststoffen oder nachhaltig produzierten Ersatzprodukten aus der Natur ausführen. Bezüglich Haltbarkeit hat die Kunststoffstruktur im Vergleich zu Stahl den Vorteil, nicht korrodieren zu können. Wassereintrag ist daher weit weniger problematisch. Durch den Einsatz von Carbonmatten wird die Gefahr der Korrosion zusätzlich gesenkt.
Ab Losgröße eins sind alle möglichen Freiformen günstig realisierbar. Rudolf Stonawski, Clever Contour