Fataler Sturz im Haus eines Toten: Erbe haftet
Ein Mann verletzte sich im Haus eines Verstorbenen schwer. Er strengte daraufhin einen ungewöhnlichen Prozess an.
Ein kürzlich am Landesgericht Ried (OÖ) ergangenes, nicht rechtskräftiges Urteil in einem brisanten Zivilverfahren lässt aufhorchen. Die Kernbotschaft: Der Erbe eines Hauses, dem sein Erbe gerichtlich noch gar nicht übergeben wurde, muss für die Folgen mithaften, die ein Mann bei einem Sturz im Haus des Verstorbenen (und Erblassers) erlitten hat.
Zum konkreten Fall: Der Salzburger Wolfgang D., Liebhaber historischer Rennautos, brachte vor einigen Jahren einen alten Rennmotor zu einem Bekannten aus dem Innviertel, der in der Szene als ausgewiesener MotorTuner gilt. Er zahlte dem Spezialisten vorab eine Anzahlung von 650 Euro für Reparatur plus Tuning des Motors. In der Folge erkrankte der Innviertler Tuner schwer und starb im Mai 2015. Wolfgang D. erfuhr davon und wollte sich den Motor zurückholen. Er kontaktierte den Notar, der für die Abwicklung der Verlassenschaft des Verstorbenen zuständig ist; ein Vertrauter des Verstorbenen ließ ihn im Juni 2015 ins Haus, das auch einen nicht fertiggestellten Zubau hat.
Bei der Suche nach dem Motor kam es im Zubau dann zu einem schlimmen Unfall: Der Salzburger brach durch ein nur von Holz- und Styroporplatten abgedecktes Loch und stürzte sechs Meter in die Tiefe. Er erlitt schwerste Verletzungen und lag wochenlang im Spital.
Über die Salzburger Rechtsanwälte Andreas Schöppl und Klaus Waha brachte Wolfgang D. darauf beim zuständigen Landesgericht Ried Klage ein. Da der Tuner verstorben und nicht mehr haftbar sei, forderte D. nun von dessen „logischem Rechtsnachfolger“und Hauserben insgesamt 42.300 Euro Entschädigung (Schmerzensgeld, Pflege- und Therapiekosten etc.).
Im Zivilverfahren argumentierten die Anwälte des Klägers, dass den Beklagten als den Rechtsnachfolger des Verstorbenen am Unfall volles Verschulden treffe. Er hafte dafür, dass die Unfallstelle mangelhaft abgesichert gewesen sei. Die Rechtsperson des Verstorbenen sei zwar mit dessen Tod nicht mehr existent – sie sei jedoch mit allen Pflichten und Rechten auf die Ver- lassenschaft bzw. den „ruhenden Nachlass“übergegangen. Der Rechtsnachfolger, also der Erbe der Verlassenschaft, hafte daher nicht nur für alle Pflichten des Verstorbenen, sondern auch (schon) für jene der Verlassenschaft – diese sei nämlich auch eine juristische Person.
Der beklagte Erbe wies über seine Anwälte die Forderungen zurück: Sämtliche Ansprüche seien erst nach dem Tod des Erblassers entstanden – der Beklagte sei erst mit der offiziellen Einantwortung des Erbes Rechtsnachfolger geworden.
Die Richterin fertigte nun am 30. Dezember ein 20-seitiges Urteil aus. Dem Kläger folgend stellte sie fest: „Der ruhende Nachlass war als juristische Person zum Zeitpunkt des Unfalls deliktsfähig.“Der Beklagte als Rechtsnachfolger des ruhenden Nachlasses hafte daher für die Unfallschäden – jedoch nur zu 50 Prozent. Laut Urteil treffe Wolfgang D. ein Mitverschulden, da er bei der Begehung des Rohbaus die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Klägeranwalt Schöppl: „Das Urteil ist ein Etappensieg für uns. Die Richterin bejahte prinzipiell eine Haftung des Erben. Wir werden aber dennoch beim Oberlandesgericht Linz dagegen berufen, weil wir kein Mitverschulden von Wolfgang D. sehen.“Dass auch der Erbe beruft, gilt als sicher.
„Das ist ein Etappensieg. Der Fall wird aber wohl bis zum Höchstgericht gehen.“