Ein Hoch auf die alte Oper!
Manche können sich nicht genug aufregen über den ältesten Hadern der Wiener Staatsoper und über die reaktionäre Verzopftheit, eine sechzig Jahre alte Inszenierung auf den Spielplan zu setzen. Dem ist zu erwidern: Margarete Wallmanns „Tosca“bietet etwas anderes als den Kitzel des Neuen und die Frechheit des Modernen. Sie erzählt bloß die Geschichte – einfach, konzis, klassisch. Das tut sie als Bindeglied zwischen Stück und Musik ebenso stabil wie elastisch, dass viele darin gesungen haben, und immer war und ist es „die ,Tosca‘ von der Wallmann“.
Lang dienende Inszenierungen waren einst Normalität auf Bundesund Landesbühnen. Freilich hat in solchem Repertoirewerk oft der Schlendrian die Oberhand gewonnen. Freilich braucht die Oper – wie alle anderen Kunstformen – das Heutige, das Moderne. Kunst muss infrage stellen, das ist ihre zentrale Aufgabe. So ist es erfrischend, neben dem Repertoire auch neue, aktuelle, das jeweilige Werk mutig anpackende Inszenierung zu sehen.
Doch im Siegeszug des Stagione-Betriebs und der Festivals ist das Repertoire in ungebührlichen Verruf geraten. Zudem schaden Kostendruck und Star-Getue dieser Spielart von Oper.
So wie Roman, Lied oder Symphonie kann auch eine Inszenierung klassisch werden, indem sie über Jahre oder gar Generationen relevant und interessant bleibt. Bei Büchern, Gemälden und Filmen haben Klassiker hohen Wert. Doch bewährten Operninszenierungen haftet der Ruch des Abgetakelten an. Das ist oft ungerecht. Umso mehr freut’s, wenn die Wiener Staatsoper Schätze wie Otto Schenks „Fledermaus“oder Margarete Wallmanns „Tosca“hütet und sie – neben wichtigen Neuinszenierungen – lebendig hält.