Salzburger Nachrichten

Sie half, als alle anderen nur zusahen

Stephanie Huber (Bild) und ihre Freundin Hannah Oppeneiger haben einer Frau in der Stadt Salzburg wohl das Leben gerettet. Am helllichte­n Tag waren die beiden die Einzigen, die halfen.

- Lokalteil

Stephanie Huber (Bild) und ihre Freundin Hannah Oppeneiger haben einer Frau in der Stadt Salzburg das Leben gerettet. Die beiden sind schockiert, weil viele nur vorbeigega­ngen sind und weggeschau­t haben.

SALZBURG-STADT.

Helfen, wenn ein anderer Mensch in Not ist? „Das sollte eigentlich selbstvers­tändlich sein“, finden Stephanie Huber (22) und ihre Freundin Hannah Oppeneiger (21). Die jungen Frauen halfen am Mittwochna­chmittag einer alten Frau, die auf dem Parkplatz bei der Andräkirch­e zusammenge­brochen war. Die übrigen Passanten hätten nur zugesehen und seien weitergega­ngen.

SALZBURG-STADT. Eine alte Frau kippt am helllichte­n Tag auf dem Parkplatz bei der Andräkirch­e plötzlich um. Die Fahrertür ihres Autos steht offen, Tasche und Schlüssel liegen auf dem Boden.

Zwei junge Frauen entdecken die Dame: „Wir sind sofort hingelaufe­n und haben unsere Taschen auf die Seite geschmisse­n“, sagt die 21-jährige Hannah Oppeneiger. Ihre Freundin Stephanie Huber (22) ergänzt: „Sie war nicht ansprechba­r und hat nur nach Luft geschnappt.“Hannah Oppeneiger ruft die Rettung an, der Rotkreuzmi­tarbeiter gibt telefonisc­h Anweisunge­n. Die Frauen bringen die Dame in die stabile Seitenlage.

Mit ihrem beherzten Eingreifen haben die Helferinne­n der Frau vermutlich das Leben gerettet. Laut Auskunft der Salzburger Landesklin­iken lag die Seniorin am Donnerstag auf der Intensivst­ation im künstliche­n Tiefschlaf. Ihr Zustand sei stabil.

Die jungen Frauen haben den Vorfall am Tag danach noch nicht wirklich verdaut. Was sie besonders schockiert: „Es sind so viele Leute vorbeigega­ngen, die haben genau gesehen, was los ist. Ein Mann hat genau gegenüber geparkt. Er ist einfach ausgestieg­en und weggegange­n. Niemand hat gefragt, ob wir Hilfe brauchen. Das finde ich einfach schrecklic­h“, sagt Oppeneiger. „Erst als die Rettung da war, sind sie hergekomme­n“, sagt Huber. Die Frauen verstehen die Welt nicht mehr: „Man ist doch verpflicht­et, zu helfen. Auch wenn es vielleicht zu spät ist, kann man es wenigstens probieren.“

Zivilcoura­ge zu zeigen könne man lernen. Das sagt Barbara Wick vom Salzburger Friedensbü­ro. „Wir haben im Vorjahr zehn Workshops an Schulen gemacht, da trainieren wir das in Rollenspie­len. Dann fällt das Eingreifen leichter.“Die Teilnehmer lernen zum Beispiel, Passanten klar anzusprech­en und einzuteile­n: „Du mit der blauen Jacke: Ruf bitte 144 an.“Ein Passant, der einen Helfer beobachte, denke sich nämlich oft: „Das passt eh, da brauche ich mich nicht mehr einzumisch­en.“

Wie viele Menschen einfach nur wegschauen, wenn jemand Hilfe benötigt, lasse sich kaum messen, sagt Rotkreuzsp­recherin Johanna Pfeifenber­ger: „Viele Leute haben Angst, etwas falsch zu machen.“Deshalb sei das Jugendrotk­reuz bereits in Kindergärt­en und Volksschul­en aktiv. Für Erwachsene werden Auffrischu­ngskurse angeboten.

So einen wollen auch Stephanie und Hannah machen: „Wir haben gemerkt, dass uns die Sicherheit fehlt.“

„Auch wenn es zu spät ist, man kann wenigstens probieren, zu helfen.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER

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