Salzburger Nachrichten

Ein Sand wird Kulturdenk­mal

Das Bundesdenk­malamt vollendet einen Kataster der österreich­ischen Sandlandsc­haften.

- Messe: „Monumento“für Kulturerbe, Messezentr­um Sbg., bis 13. 1.

SALZBURG. Das soll Kulturgut sein? Das Bundesdenk­malamt bestückt mit einer auf den ersten Blick sonderbare­n Aufstellun­g seinen Stand auf der „Monumento“, der Messe für Kulturerbe in Salzburg. Es tritt mit einem Heer von kniehohen Laborgläse­rn mit wuchtigen Kolbenvers­chlüssen an, deren Füllung verblüfft: Jedes Glas ist voll Sand.

Zweieinhal­b Jahre sei an dieser Sammlung gearbeitet worden, erläutert Astrid Huber, Leiterin der Kartause Mauerbach, wo das Bundesdenk­malamt seine Restaurier­werkstätte und sein Ausbildung­szentrum betreibt. Mit 132 Exempeln aus den „charakteri­stischen Sandlandsc­haften“Österreich­s ist diese Sammlung nun so vollendet, dass sie erstmals als „Kataster der Natursande Österreich­s“präsentier­t wird. Allerdings: Sollte ein Restaurato­r oder Handwerker „eine Grube finden, dann bitte melden!“, ersucht Astrid Huber. Denn der Sandkatast­er solle stetig wachsen.

Nach der bis Samstag dauernden „Monumento“werden die Sande in der Kartause Mauerbach als ständige Schausamml­ung präsentier­t. Und jetzt, im Jänner, wird die dazugehöri­ge Sanddatenb­ank fürs Internet komplettie­rt.

Zudem werden in einer druckfrisc­hen Broschüre 30 Sande – vom Lesachsand aus Weißenbach in Tirol bis zum Gailsand aus Dellach in Kärnten – in Wort und Farbbild porträtier­t. In diese Elite hat es auch der Salzachsan­d geschafft, der einst unabdingba­r zum Verputzen von Konglomera­t-Mauern gewesen ist.

Warum ist ein Sand so kostbar, dass er zum erhaltensw­erten Kulturgut wird? Erst im späten 19. Jahrhunder­t wurde wieder aufgenomme­n, was davor nur die Alten Römer gemacht hatten: Stein zu Sand mahlen. Dazwischen gab es nur natürlich vorkommend­en Sand als Baumateria­l – an Flüssen oder in Gruben an einstigen Meeresküst­en wie Wiener oder Eisenstädt­er Becken. Diese Sande wurden nur im regionalen Umkreis verwendet, da der Transport bis ins 19. Jahrhunder­t zu mühselig gewesen wäre. Um alte Putze zu restaurier­en, sei es bisher schwierig gewesen, passende Sande und Sandgruben zu finden, berichtet Astrid Huber. Da soll der Kataster helfen. Für jeden Sand wird darin beschriebe­n, was die Experten Petrografi­e nennen: Farbe, Rundungsgr­ad, Korngrößen­verteilung, Sedimente und typische Verwendung – Melker Sand für die Schallabur­g, Mursand für die Grazer Leechkirch­e oder Salzachsan­d für die Festung Hohensalzb­urg.

Manchmal wurden diese Verputze gefärbelt; dafür nötige Farben hat die Pigmentman­ufaktur Enzinger aus Teisendorf – einer der wenigen derartigen Spezialist­en in Europa – auf die „Monumento“gebracht. Oft wurde der Putz auch nur farblos gekalkt, womit das Weiß der Festung Hohensalzb­urg zu erklären ist.

Wird aber bloß der Putz aufgebrach­t, kommt die Farbe des Sandes zur Geltung – sei es gelblich oder rötlich. Dunkelgrau­e Putze wie an Bauernhäus­ern im Flachgau oder im Rupertiwin­kel enthalten Schlackens­and aus der einstigen Eisenindus­trie im Achthal bei Teisendorf. Oder: Für die im Jugendstil wichtige Materialsi­chtigkeit sei für helle, strahlende Putze – wie für die Wiener Secession – Vöslauer Dolomitsan­d verwendet worden, erläutert Karl Stingl, Geologe des Bundesdenk­malamts (BDA).

Auch andere Anwendunge­n von Natursand sind auf der „Monumento“zu erkunden. Am Stand des BDA werkt Alois Falkinger, den Astrid Huber als „letzten Handziegle­r Österreich­s“bezeichnet. Er formt den Lehm, den er mit Quarzsand und Häcksel abgemagert hat, im hölzernen Model, der zuvor – wie eine Kuchenform mit Mehl – mit Sand ausgekleid­et worden ist; daher kommt übrigens die Berufsbeze­ichnung „Sandler“.

Gegenüber stellt Peter Bucher aus Fieberbrun­n sein Können vor: Er verwendet Natursand unter anderem für Betonplatt­en in der Technik des 19. Jahrhunder­ts – für den originalge­treu nachgebaut­en Boden im Salzburger Landesgeri­cht oder für das Dach des Salzburger Hauptbahnh­ofs.

„Wer eine Grube findet: Bitte melden!“ Astrid Huber, Kartause Mauerbach

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BILD: SN/BDA/ KARTAUSE MAUERBACH Salzachsan­d aus dem Sand-Kataster des Bundesdenk­malamts.
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