Wenig Mitleid mit Sexobjekten
Je mehr Haut jemand zeigt, desto weniger Moral traut man ihm zu.
Sexualisierte Darstellungen, vor allem die Betonung sekundärer Geschlechtsmerkmale, können die Art und Weise verändern, wie wir eine Person wahrnehmen. Ein internationales Forscherteam um Giorgia Silani von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien konnte durch Magnetresonanztomographie zeigen, dass empathische Gefühle und Gehirnreaktionen reduziert sind, wenn wir die Emotionen sexualisierter Frauen beobachten. Mit Empathie wird die Fähigkeit des Menschen beschrieben, Emotionen und Motive eines anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen.
Aussehen und äußere Erscheinung sind seit jeher ein entscheidendes Element der sozialen Interaktion, ob romantischer oder anderer Art. Die Verwendung von sexualisierten Darstellungen ist, besonders in der westlichen Gesellschaft, üblich, um Emotionen – insbesondere Lust – zu bewirken.
Die Sozialpsychologie hat das Phänomen ausgiebig untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Sexualisierung (oder sexuelle Objektifizierung) die Art beeinflusst, wie wir ein Individuum wahrnehmen. Der sexualisierten Person werden bestimmte menschliche Eigenschaften, wie Moral oder Verantwortung, zum Teil abgesprochen. Die bisher gewonnenen Ergebnisse der Sozialpsychologie legen auch nahe, dass wir die Emotionen, die objektifizierte Personen zeigen, anders wahrnehmen.
Die Forscher fanden mittels Gehirnstromaufzeichnungen ihrer Versuchspersonen – Männer und Frauen – heraus, dass sich durch Modifizieren der Kleidung, die Schauspielerinnen trugen, mit mehr oder weniger sichtbaren Körperteilen oder Haut, die Gefühle der Betrachter veränderten. So war das Verständnis für Frauen, die sexuell objektifiziert dargestellt wurden, geringer im Vergleich zu personifizierten Frauen. Diese Verringerung empathischer Gefühle gegenüber Frauen als Sexobjekt zeigte sich in verminderter Aktivität jener Hirnareale, in der die Empathie sitzt. Dies deutet darauf hin, dass die Betrachter eine verminderte Fähigkeit hatten, die Emotionen der sexualisierten Frauen zu teilen.