Wenn die Revolution ihre Kinder verspeist
Wien ist eine Drehscheibe internationaler Geheimdienste und Organisationen, deren Spuren den jüngsten ORF-„Tatort“prägen.
Eine spektakuläre wie mysteriöse Mordserie verbreitet Entsetzen. Leichen werden demonstrativ an öffentlichen Orten zur Schau gestellt. Die Opfer sind Osteuropäer, die keine offensichtliche Verbindung miteinander haben. Für die Ermittler Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) ist das ein Rätsel.
Innerhalb kürzester Zeit hat ein Killer drei scheinbar völlig unterschiedliche Menschen getötet. Zuerst einen tätowierten Serben, der in einer zur Vermietung ausgeschriebenen Wohnung als eine Art Jesus an einem orthodoxen Kreuz arrangiert wird.
Danach einen unscheinbaren georgischen Mitarbeiter einer Großgärtnerei, der in einer öffentlichen Toilette über wertvollen Talern erhängt gefunden wird. Er scheint seinen Tod schon befürchtet zu haben. Die Flucht ist ihm nicht mehr gelungen.
Schließlich muss eine junge Mutter ihr Leben lassen, ihr Leichnam taucht rituell angekettet erst auf einem Boot wieder auf.
Bei der jungen Frau scheint der stets voll maskierte Mörder einen entscheidenden Fehler gemacht zu haben. Die Gefahr für den Täter lauert aber vielmehr in den eigenen Reihen. Dass sich der Täter perfekt davor schützt, DNA-Spuren zu hinterlassen, ist ein wichtiger Hinweis im 17. gemeinsamen Fall von Bibi und Moritz.
Die beiden Ermittler bekommen von all dem nichts mit. Das offensichtlich vorgetäuschte Motiv von Sexualmorden ist beiden wenig glaubhaft: „Der spielt uns den perversen Serientäter nur vor“, sagt Eisner.
Der Polizeidirektor hat zu Beginn des Films verkündet, dass in der Wiener Polizei Änderungen bevorstehen. Es wird eine zweite Polizeidirektion eingerichtet. Die Frage, wer diese leitet, zieht sich als roter Faden durch den Fall, hat aber nichts mit den eigentlichen Ermittlungen gemeinsam.
Will sich gar Bibi um die Position bewerben? Für Moritz wäre das eine Katastrophe, würde er dadurch seine Partnerin verlieren.
Was haben Revolutionsbewegungen in Osteuropa mit Morden in Wien zu tun? Moritz und Bibi entdecken, dass es gilt zunächst nicht den Täter zu finden, sondern die Opfer zu identifizieren. Sie haben eine Verbindung mit Revolutionswirren in Serbien, Georgien und der Ukraine. Eine studentische Gruppe namens „Die Faust“ist einst zur Brutstätte von Widerstandsbewegungen geworden. Es ging darum, die Destabilisierung von Ländern anzustoßen und zu organisieren. Aber wie passt die CIA in dieses Bild? Hat sie die Morde beauftragt? Jedenfalls sollen die Untaten den Amerikanern offensichtlich untergeschoben werden.
Irgendjemand lügt, aber wer? „Ich habe das Gefühl, dass wir etwas übersehen haben“, sagt Moritz. In kreativen Diskussionen mit Bibi kommen die beiden immer wieder ein Stückchen weiter. Dabei fällt der Unterschied zu Krassnitzers barschem Ton auf, wenn er amtshandelt – gegen wen auch immer.
Auch wenn der Plot ziemlich abstrakt und weltfremd wirkt, was mit der Natur von Geheimdiensten durchaus in Einklang steht, ist der Fall doch zügig und hält seine Zuschauer in Bann.
Alle Fäden laufen schließlich bei einem Uni-Professor (Mišel Matičević) zusammen.
Die Personalfrage wird übrigens typisch österreichisch gelöst.
Tatort: Die Faust, am Sonntag ab 20.15 Uhr in ORF 2 und der ARD.