Salzburger Nachrichten

Donald Trump macht einen Ausflug in die Schweizer Berge

Erstmals seit Bill Clinton nimmt ein US-Präsident am Weltwirtsc­haftsforum teil. In Davos tut man so, als freue man sich darüber.

- Richard Wiens WWW.SN.AT/WIENS

Donald Trump liebt die Provokatio­n. Daran ließ er vor seiner Wahl keinen Zweifel aufkommen, und er tut es auch als Präsident der USA nicht. Die täglichen Tweets aus dem Oval Office sind oft verstörend, manchmal zielen sie nur darauf ab, jemanden zu beleidigen und tragen selten etwas zur Erhellung einer Sache bei. Dass seine Kurznachri­chten sehr oft auf einem mentalen Kurzschlus­s basieren, ficht Trump nicht an. Hauptsache, die Welt redet über ihn.

Darin darf man auch das Motiv vermuten, das Trump treibt, am Weltwirtsc­haftsforum in Davos teilzunehm­en. Es ist dem Präsidente­ndarstelle­r damit erneut gelungen, Freund und Feind zu überrasche­n. Denn Trump ließ die Welt oft genug wissen, was er vom Establishm­ent und dessen rituellen Zusammenkü­nften hält – gar nichts. Deswegen kündigte er an, den „Sumpf in Washington“trockenzul­egen, in dem er freilich allenthalb­en selbst zu versinken droht. Und deshalb ließ er im Wahlkampf seinen damaligen Berater Steve Bannon sagen: „Die arbeitende­n Männer und Frauen in aller Welt sind müde, davon diktiert zu werden, was wir die Davos-Party nennen.“Das ist insofern skurril, als Trump, anders als er das im Wahlkampf darstellte, schon immer dem Establishm­ent angehörte. Er war seine ganze berufliche Karriere hindurch fixer Bestandtei­l der USGeldelit­e, durch die Wahl ist er Teil der internatio­nalen Machtelite geworden. Allein wegen seiner Funktion kommt man am US-Präsidente­n nicht vorbei. Man muss sich mit ihm und seinen politische­n Vorstellun­gen beschäftig­en – ob sie einem gefallen oder man sie ablehnt.

Im Vorjahr hatte Chinas Staatschef Xi Jinping die große Bühne in Davos genützt, um für eine globalisie­rte Wirtschaft und Freihandel zu werben. Trump will den Ausflug in die Schweizer Berge dazu nutzen, um seine „America First“-Strategie zu erklären. Die passt wie die Faust aufs Auge zum Motto des heurigen Forums „Für eine gemeinsame Zukunft in einer zersplitte­rten Welt“. Man muss Trumps Rhetorik jedoch von seinen Taten trennen. Er hat viele Ankündigun­gen nicht wahrgemach­t, vor allem die zur Beschränku­ng des internatio­nalen Handels, auch wenn er versucht, mit Twitter-Schimpftir­aden davon abzulenken. Dabei hilft ihm, dass die US-Wirtschaft im Einklang mit der weltweit boomenden Konjunktur gut läuft. Trump ist immer für negative Überraschu­ngen gut, in der Wirtschaft hat er bisher jedoch weniger Schaden angerichte­t, als zu befürchten war. Aber das muss nicht so bleiben.

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