Von Semmeln, Rosen und Blut
ICHhoffe, Sie haben es schön gemütlich, sitzen mit Ihrer Zeitung am samstägigen Frühstückstisch und lassen sich den Kaffee und die Semmeln schmecken.
Vor allem wegen der Semmeln wär’s. Greifen Sie mal – sind sie noch warm? Gratulation, dass Sie überhaupt noch welche ergattert haben! Denn nichts auf der Welt ist so begehrt wie warme Semmeln. Sie sind der Maßstab für Verkaufsschlager. Darauf haben wir Zeitungsschreiber uns in einer stillen Übereinkunft geeinigt. Und deshalb lesen Sie überall davon: Christbäume vor Weihnachten gehen weg wie warme Semmeln, Marzipanschweinchen vor Silvester gehen weg wie warme Semmeln, und neulich stand sogar zu lesen, dass an einem schönen Flecken unseres Landes Grundstücke wie die warmen Semmeln weggingen.
Vermutlich werden dort bald Wohnhäuser wie Pilze aus dem Boden schießen. Wieder so ein Vergleich, mit dem wir nur sagen wollen: Etwas geht schnell. Obwohl Ihnen Schwammerl-Liebhaber bestätigen werden, dass es fürs Pilze-aus-dem-Boden-schießenSchauen viel Geduld braucht. Also keine Angst, wenn Sie lesen, dass Gewerbegebiete, Shisha-Bars oder Backshops aus dem Boden schießen. Bei den Backshops liegt die Vermutung nahe, dass dort warme Semmeln aus dem Boden bzw. aus dem Ofen schießen, ehe sie weggehen wie, na ja, warme Semmeln.
Mit diesen Sprachbildern bemühen wir uns, so blumig wie möglich zu schreiben. So blumig wie jener Autor, der einst behauptete, der Fußballspieler Marko Arnautovic habe seinem Mitspieler Marc Janko „Rosen gestreut“. Was läuft da zwischen den Jungs?
Herr Arnautovic schwor einst, er werde „bis zum letzten Tropfen kämpfen“. Den macht ihm sein Kollege streitig, der verriet, er habe beim Toreschießen „Blut geleckt“. Was immer noch besser ist, als eine Wadenzerrung auf die leichte Schulter zu nehmen. Da sollte man nichts übers Knie brechen.
Hoffentlich geht es den blumigen Vergleichen nicht an den Kragen. Wir brauchen sie wie einen Bissen Brot. Oder eine Semmel, die ihnen leider während der Lektüre jetzt kalt geworden ist. Das tut mir leid, aber ich halte es mit dem beim Cannabiskonsum Ertappten, der sagte: „Hoffentlich wächst bald Gras über die Sache.“