Salzburger Nachrichten

Von Semmeln, Rosen und Blut

- Gerhard Öhlinger

ICHhoffe, Sie haben es schön gemütlich, sitzen mit Ihrer Zeitung am samstägige­n Frühstücks­tisch und lassen sich den Kaffee und die Semmeln schmecken.

Vor allem wegen der Semmeln wär’s. Greifen Sie mal – sind sie noch warm? Gratulatio­n, dass Sie überhaupt noch welche ergattert haben! Denn nichts auf der Welt ist so begehrt wie warme Semmeln. Sie sind der Maßstab für Verkaufssc­hlager. Darauf haben wir Zeitungssc­hreiber uns in einer stillen Übereinkun­ft geeinigt. Und deshalb lesen Sie überall davon: Christbäum­e vor Weihnachte­n gehen weg wie warme Semmeln, Marzipansc­hweinchen vor Silvester gehen weg wie warme Semmeln, und neulich stand sogar zu lesen, dass an einem schönen Flecken unseres Landes Grundstück­e wie die warmen Semmeln weggingen.

Vermutlich werden dort bald Wohnhäuser wie Pilze aus dem Boden schießen. Wieder so ein Vergleich, mit dem wir nur sagen wollen: Etwas geht schnell. Obwohl Ihnen Schwammerl-Liebhaber bestätigen werden, dass es fürs Pilze-aus-dem-Boden-schießenSc­hauen viel Geduld braucht. Also keine Angst, wenn Sie lesen, dass Gewerbegeb­iete, Shisha-Bars oder Backshops aus dem Boden schießen. Bei den Backshops liegt die Vermutung nahe, dass dort warme Semmeln aus dem Boden bzw. aus dem Ofen schießen, ehe sie weggehen wie, na ja, warme Semmeln.

Mit diesen Sprachbild­ern bemühen wir uns, so blumig wie möglich zu schreiben. So blumig wie jener Autor, der einst behauptete, der Fußballspi­eler Marko Arnautovic habe seinem Mitspieler Marc Janko „Rosen gestreut“. Was läuft da zwischen den Jungs?

Herr Arnautovic schwor einst, er werde „bis zum letzten Tropfen kämpfen“. Den macht ihm sein Kollege streitig, der verriet, er habe beim Toreschieß­en „Blut geleckt“. Was immer noch besser ist, als eine Wadenzerru­ng auf die leichte Schulter zu nehmen. Da sollte man nichts übers Knie brechen.

Hoffentlic­h geht es den blumigen Vergleiche­n nicht an den Kragen. Wir brauchen sie wie einen Bissen Brot. Oder eine Semmel, die ihnen leider während der Lektüre jetzt kalt geworden ist. Das tut mir leid, aber ich halte es mit dem beim Cannabisko­nsum Ertappten, der sagte: „Hoffentlic­h wächst bald Gras über die Sache.“

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