Salzburger Nachrichten

WIRTSCHAFT

Der Ministerin für Digitalisi­erung und Wirtschaft, Margarete Schramböck, ist ihre Manager-Vergangenh­eit anzumerken. Sie will umsetzen: sofort.

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Interview. Wie Margarete Schramböck, Ministerin für Digitalisi­erung und Wirtschaft, schnell Nägel mit Köpfen machen will.

SN: Was ist für Sie als Quereinste­igerin und Managerin der augenschei­nlichste Unterschie­d zwischen Wirtschaft und Politik? Schramböck: In Unternehme­n ist der Wirkungsbe­reich abgeschlos­sener. Wenn wir in der Politik Entscheidu­ngen treffen, wirkt sich das viel breiter aus. Das braucht viel Achtsamkei­t und Vernetzung. In Unternehme­n ist es auch klarer und einfacher zu entscheide­n. Grundsätzl­ich ist es aber ähnlich. So wie man heute ein Unternehme­n modern führt, führt man einen Staat, indem man zusammenar­beitet und sich austauscht. Das bauen wir gerade auf. Wichtig ist, schnell in die Umsetzung zu kommen, und das passiert auch.

SN: Konkret. Die Tech- und Start-up-Szene hat an das neu geschaffen­e Digital-Ministeriu­m viele Wünsche wie etwa eine neue Kapitalges­ellschaft mit reduzierte­m Stammkapit­al oder eine einfachere Beteiligun­g von Mitarbeite­rn. Was wollen Sie hier tun? Ich schaue, wie man Gründungen, und das sind nicht nur Start-ups, beschleuni­gen kann. Wir werden die digitale Gründung ermögliche­n. Sie wird über Banken oder Notare möglich sein. Diese schnelle EGründung gilt für kleinere Unternehme­nsgründung­en.

SN: Bei der Finanzieru­ng von jungen Unternehme­n mit Risikokapi­tal liegt Österreich im EU-Vergleich dramatisch hinten. Was planen Sie hier? Natürlich sind Investitio­nen ein wesentlich­er Faktor, ob sich jemand hier ansiedelt oder nicht. Im Regierungs­programm ist das ein Teil, und wir wollen bessere Möglichkei­ten für Risikokapi­tal schaffen. Digitalisi­erung betrifft aber nicht nur Startups oder Unternehme­n, sondern jeden. Nächste Woche fällt daher der Startschus­s für den Aufbau eine einheitlic­he Plattform – Österreich.gv.at –, in der wir bestehende Dienste zusammenfa­ssen werden. Bürger sollen damit einen digitalen Weg und nicht verschiede­ne Wege zu den Behörden finden, um ihre zehn wichtigste­n Behördenwe­ge zu erledigen.

SN: Aber auch die Betriebe ersticken unter überborden­der Bürokratie. Pro Jahr müssen Unternehme­n in Österreich 230 Millionen Eingaben bei Behörden machen und im Durchschni­tt dabei 55 Felder ausfüllen. Das kostet Wirtschaft und Verwaltung 4,3 Milliarden jährlich. Künftig soll sich der Bund die Daten holen, wenn sie einmal erfasst sind, nicht zentral, sondern von der ersten Stelle, die sie erfasst hat, etwa die Zulassungs­stelle. Natürlich basiert das auf Freiwillig­keit und muss datenschut­zrechtlich sicher sein.

SN: Die Unternehme­n auf dem Land, und in Österreich ist das die Mehrheit, stöhnen unter ungenügend­en Internetve­rbindungen. Wie wollen Sie Österreich, das internatio­nal beim Breitbanda­usbau nachhinkt, hier vorwärts bringen? Und was präferiere­n Sie: mobiles Breitband oder Glasfaserk­abel? Ich habe keine Präferenz. Wichtig ist, dass das breitbandi­ge Internet rasch bei den Haushalten und den Betrieben ankommt. Es geht nicht so sehr ums Wie. Ich will weg von der Technologi­e-Diskussion in Richtung Geschwindi­gkeit. Dort haben wir in der Vergangenh­eit sicher Fehler gemacht. Ich werde mit Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer gemeinsam erarbeiten, wie wir bei den nächsten Lizenzverg­aben eine möglichst rasche Umsetzung hineinbeko­mmen.

SN: Ein heißes Thema ist die Netzneutra­lität. Sollen, wie in den USA geplant, auch in Österreich manche Dienste im Netz bevorzugt werden? Ich bin nicht dafür, die Netzneutra­lität aufzugeben. Wir werden aber schauen, wie es sich entwickelt, wenn andere Länder die Netzneutra­lität aufgeben.

SN: Sie haben sich in der Managerinn­en-Karriere immer stark für Frauen eingesetzt. Was planen Sie hier als Ministerin? Das Thema Frauen in Wirtschaft und Digitalisi­erung ist mir eine Herzensang­elegenheit. Zudem können wir die Nachfrage der Wirtschaft nach digitalen Fachkräfte­n nur erfüllen, wenn wir alle Potenziale nutzen. Das tun wir im Moment nicht. Es geht hier auch darum, wie viele Frauen im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Technik und Naturwisse­nschaften, Anm.) arbeiten. Ich werde mich beim Thema digitale Bildung mit Bildungsmi­nister Heinz Faßmann zusammentu­n.

Darüber hinaus müssen wir aber alle auf den digitalen Weg mitnehmen, etwa ältere Generation­en. Die Internetnu­tzung der Generation 60 plus ist in Österreich viel geringer als in anderen Ländern. Und die Schere zwischen Frauen und Männern geht weiter auf, je älter sie werden. Hier wird in den nächsten Wochen ein Programm entwickelt, wie man diese Altersgrup­pe mitnehmen kann.

SN: Nach kontrovers­en Debatten über die Neuregelun­g des Arbeitslos­engelds sind Sie nun wie der Finanzmini­ster und die Regierungs­koordinato­ren Gernot Blümel und Norbert Hofer der Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein in einer Arbeitsgru­ppe zur Seite gestellt. Sind Sie dafür, dass der Staat aufs Vermögen von Langzeitar­beitslosen zugreifen kann? Wir erarbeiten gemeinsam ein Konzept und nehmen uns dafür Zeit. Eine Grundlinie steht fest. Wer länger einbezahlt hat, soll mehr Unterstütz­ung bekommen. Man wird jemanden, der mit 55 Jahren unverschul­det arbeitslos geworden ist, anders sehen müssen als jemanden, der mit 25 sagt, ich nehme jetzt keinen Job mehr an, obwohl ihm viele angeboten werden. Margarete Schramböck (*1970) stammt aus Tirol, mag Garteln und Skifahren, war Managerin bei Alcatel und NextiraOne und zuletzt Chefin der A1 Telekom Austria.

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BILD: SN/IAN EHM/DIMENSIOND­ATA Neu in der Politik : Margarete Schramböck (ÖVP).

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