Salzburger Nachrichten

China macht Ernst mit dem Klimaschut­z

Der größte Verschmutz­er der Erde legt eine rasante Wende hin. Die Gründe dafür sind leicht erklärt. Sie gelten nicht nur für China.

- Martin Stricker MARTIN.STRICKER@SN.AT

Seit Jahresbegi­nn gilt in China eine neue Steuer. Ihre Auswirkung­en auf die Wirtschaft dürften erheblich sein. Eine einheitlic­he Umweltschu­tzsteuer legt Unternehme­n, die Luft und Wasser belasten und Abfall produziere­n, empfindlic­he Kosten auf. Sie könnten nach Ansicht westlicher Analysten zahlreiche Aluminiums­chmelzen, Kohlekraft­werke und Stahlöfen unrentabel machen.

Im Lauf des Jahres will Peking zudem ein Emissionsh­andelssyst­em in Kraft setzen, das den CO2-Ausstoß der Industrie begrenzt. Vorerst ist nur der Energiesek­tor betroffen, der aber für rund 3,3 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr verantwort­lich ist. Andere Wirtschaft­sbereiche sollen folgen.

In China sitzen fünf der sechs größten Hersteller von Solarmodul­en und fünf der größten Hersteller von Windturbin­en. China ist führend bei der Herstellun­g von E-Autos, bei der Entwicklun­g von Batteriete­chnologien und intelligen­ten Stromnetze­n.

Das Umweltmini­sterium in Peking, traditione­ll ein Schwächlin­g, hat Schlagkraf­t bekommen. Laut dem britischen Magazin „Economist“wurden rund 18.000 Beamte bestraft, weil sie bei der Durchsetzu­ng von Umweltvors­chriften zu lasch waren. Warum unternimmt China diese Anstrengun­gen? Drei Gründe sind anzuführen: Die Kosten einer weiteren Zerstörung des Lebensraum­s und eines ungebremst­en Klimawande­ls wären zu hoch – politisch, sozial, wirtschaft­lich.

Der Rollenwech­sel zum Klimaschut­zvorreiter liefert als willkommen­en Nebeneffek­t die Legitimati­on, eine globale Führungsro­lle beanspruch­en zu können, zumal die USA soeben dabei sind, sich abzumelden.

Und Chinas Führung hat erkannt, dass auch eine ökonomisch­e Wende ansteht. Profite und Geschäfte wird künftig machen, wer karbonfrei­e Technologi­en anbieten und verkaufen kann – nicht, wer versucht, so lang wie möglich mit alten Methoden wie der Verbrennun­g von Benzin Geld zu verdienen.

Was das mit dem kleinen Österreich zu tun hat? Nun, wir werden wohl kaum eine globale Führungsro­lle zu legitimier­en haben. Die Kosten des Klimawande­ls aber treffen unser Land ebenso wie China. Und dass unsere Regierung besser beraten wäre, die profitable Wende in eine saubere Zukunft mit aller Kraft zu fördern, statt sie zu bremsen, liegt auf der Hand. Vorerst aber sind wir ziemlich retro: Wichtigste­s Signal war der Vorschlag, auf den Autobahnen schneller zu fahren – und mehr Schadstoff­e und Treibhausg­ase in die Luft zu blasen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria