Anna Veith besteht persönlichen Härtetest
SPORT AM MONTAG
Bei der extremen Abfahrt in Bad Kleinkirchheim konnte sich die Salzburgerin überwinden. Und sie ist schmerzfrei.
Als endlich der Winter zurückgekehrt ist, war es den meisten auch nicht recht. Denn nach den Problemen mit Regen und Streckenpräparierung hatten die Veranstalter in Bad Kleinkirchheim nur noch eine Hoffnung: tiefe Temperaturen. Die kamen punktgenau und Sonntag kam pünktlich zur Abfahrt auch noch Schneefall. Damit war die Strecke zwar endlich vereist, weil aber tagelang auf der Strecke mit Wasser und Salz gearbeitet worden ist, waren viele Schläge und Spuren in der Piste. „Es hat mir von oben bis unten die Ski um die Ohren gehaut“, meinte Cornelia Hütter. Dabei schlug es ihr den Innenski auf den Außenski und „ich habe mich nur mehr gefragt, wo ich jetzt im Netz einschlagen werde“. Hütter vermied zwar noch den Sturz, war in der Abfahrt aber chancenlos – nach Rang drei am Vortag im Super G. „So ist es halt, einmal auf dem Podest, einmal im Schnee.“
Der Abfahrts-Sonntag bescherte den Damen jedenfalls ein Monsterprogramm. 6.15 Aufstehen, 8 Uhr Besichtigung, 9 Uhr der notwendige Trainingslauf, der Donnerstag und Freitag wegen der zu weichen Piste entfallen war, und um 11.15 dann die Abfahrt. „Extremer geht es nicht mehr“, befand auch Anna Veith das Programm und die Strecke.
Aber genau das war für sie der Härtetest, den sie gebraucht und auf den sie gewartet hat. Der endete mit dem ersten Top-10-Platz in der Abfahrt seit ihrem großen Comeback. „Vor zwei Monaten wäre das noch nicht gegangen. Es ist wichtig zu wissen, dass man gesund im Ziel steht und keine Schmerzen hat. Das ist ein weiterer großer Schritt zurück für mich.“
Veith konnte sich bei schlechter Sicht und einer ruppigen Piste überwinden – das war ihr am Tag zuvor noch nicht gelungen. Unmittelbar vor ihrem Super-G-Start wurde das Rennen zehn Minuten unterbrochen, weil es im unteren Streckenteil ein Loch in der Strecke gab, in das sie dann auch prompt hineingefahren ist. Diese Pause habe sie aus der Konzentration gebracht und verunsichert. „Es ist kein gutes Gefühl, wenn man wartet und weiß, es wird an der Strecke gearbeitet.“
Sicher im Ziel – das war oberste Priorität bei Veith und auch bei Lindsey Vonn. Ihr merkte man an beiden Renntagen an, dass sie vier Wochen vor den Olympischen Winterspielen keine Verletzung riskieren wollte. Rang 27 in der Abfahrt und Platz neun im Super G sind nicht die Resultate, die man sich von dieser Ausnahmeathletin erwartet.
So schrieben die Italienerinnen die Geschichte dieses Wochenendes. Diese Geschichte begann Freitag mit einer Schockmeldung: Elena Fanchini (32) gab bekannt, dass sie die Saison wegen einer Tumorerkrankung abbrechen muss. Eine Meldung, die ihre Teamkolleginnen und allen voran ihre Schwester Nadia wie ein Keulenschlag getroffen habe, wie Federica Brignone am Samstag bewegt erzählte. Da gewann Brignone sensationell den Super G. Sonntag ließ die Riesentorlauf-Spezialistin sogar Rang zwei in der Abfahrt folgen. „Das war ein verrücktes Wochenende für mich. Ich liebe die Strecke hier und die Bedingungen bei Rennen in Österreich, denn da ist es immer schwierig und eisig. Aber mit einem Podium in der Abfahrt konnte ich nie rechnen.“
Sonntag folgte dann der ganz große Tag der Italienerinnen. Sofia Goggia siegte mit Riesenvorsprung (1,10 Sekunden) vor Brig-
„Ich bin in der Abfahrt so stark und konstant wie noch nie in meiner Karriere.“ Sofia Goggia, Abfahrerin
none und Fanchini-Schwester Nadia. Für Goggia war es ein Olympiatest. „Ich habe vor dem Rennen zu meinem Servicemann gesagt: ,Die Bedingungen erinnern mich an Korea.‘ Und er hat mir zugestimmt.“Zur Erinnerung: In Pyeongchang hat Goggia beim Olympiatest sowohl Abfahrt als auch Super G gewonnen.
Die 26-Jährige aus Bergamo kürte jedoch die drittplatzierte Nadia Fanchini zur Siegerin des Wochenendes: „Unfassbar, was sie alles mitgemacht hat und auch an diesem Wochenende verkraften musste. Sie gibt nie auf.“Ihr Wille ist in der Tat unglaublich: Fanchini brach sich genau vor einem Jahr in Zauchensee bei einem Sturz den Wirbelfortsatz und feierte jetzt ihr Comeback – mit Rang fünf im Super G und Rang drei in der extremsten Abfahrt des Winters. „Dieser Mut ringt mir tiefen Respekt ab“, meinte Veith.