Salzburger Nachrichten

Was vier Landtagswa­hlen uns sagen

Kommt die Regierung bei den Wählern an? Kann die SPÖ ihre Krise überwinden? Haben die Grünen eine Zukunft? Darum geht es im ersten Halbjahr 2018.

- Andreas Koller ANDREAS.KOLLER@SN.AT

Die Annahme, dass nach den endlosen Wahljahren 2016 (Bundespräs­identschaf­t) und 2017 (Nationalra­t) im anlaufende­n Jahr 2018 endlich Politik frei von Wahlkampft­önen gemacht werden könne, ist irrig. Denn demnächst stehen vier Landtagswa­hlen an, bei denen es nicht bloß um die Machtverte­ilung in vier Bundesländ­ern geht. Sondern auch um die Zukunft der Bundespoli­tik.

Für ÖVP und FPÖ ist die Wahlserie in den Ländern der erste Stimmungst­est, ob ihre Regierungs­politik bei den Wählerinne­n und Wählern auf Zustimmung stößt. Die SPÖ muss die Wahlen nützen, um aus ihrem Stimmungst­ief zu kommen und Profil als Opposition­spartei zu gewinnen. Die bisher eher im urbanen Bereich erfolgreic­hen Neos haben die Chance, sich endlich auch auf Ebene der Länder als stabile Kraft zu verankern. Und für die Grünen geht es schlicht ums Überleben.

In dieser Hinsicht liefert die vergangene Nationalra­tswahl bemerkensw­erte Daten: Legt man deren Ergebnis auf die kommenden vier Landtagswa­hlen um, würden die Neos in Niederöste­rreich, Salzburg und Tirol in die Landtage einziehen. Die Grünen hingegen wären in allen vier Landtagen draußen. Zum Trost mag den Grünen die Tatsache gereichen, dass Nationalra­tswahlen und Landtagswa­hlen nur selten deckungsgl­eich ablaufen.

Wie sieht die Ausgangsla­ge der Parteien tatsächlic­h aus, wenn – und zwar in dieser Reihenfolg­e – in den kommenden Monaten die Niederöste­rreicher, Tiroler, Kärntner und Salzburger ihre Landtage wählen?

Die ÖVP ist in einer relativ komfortabl­en Situation. Der durch den neuen Parteichef Sebastian Kurz ausgelöste Schwung ist noch nicht verebbt. In Niederöste­rreich lag die ÖVP bei der letzten Landtagswa­hl 2013 um fast 30 Prozentpun­kte vor der SPÖ. Selbst wenn dieser Abstand schrumpfen sollte: An der Stellung der Volksparte­i als mit Abstand stärkste Partei ist nicht zu zweifeln. Auch in Tirol ist der Abstand zwischen der ÖVP (knapp 40 Prozent) und dem Rest (alle übrigen Parteien grundelten unter 15 Prozent) so groß, dass den Schwarzen (die in den Ländern die Umfärbelun­g auf Türkis verweigert haben) eigentlich nichts passieren kann. In Salzburg ist die ÖVP 2013 auf 29 Prozent abgestürzt. Dennoch eroberte Wilfried Haslauer den LH-Sessel, auf dem er seither sitzt, als habe er nie etwas anderes getan. Der LH-Bonus wird die ÖVP beflügeln. Und was in Kärnten mit der dortigen marginalen ÖVP (14,4 Prozent) passiert, ist relativ belanglos.

Die FPÖ steckt momentan in der Klemme jeder Protestpar­tei, die plötzlich zur Regierungs­partei wird: Ihre Wähler messen sie an den einstigen vollmundig­en Ankündigun­gen und sind aufgrund der Sachzwänge, denen eine Regierungs­partei unterliegt, naturgemäß enttäuscht. Dennoch haben die Freiheitli­chen bis auf Weiteres wenig zu befürchten. Denn sie schnitten bei der Landtagswa­hl-Runde 2013 so miserabel ab, dass alles andere als eine Verbesseru­ng ein Ding der Unmöglichk­eit ist. Dazu kommt, dass das Team Stronach, das 2013 noch massenhaft Stimmen von den Freiheitli­chen absaugte, mittlerwei­le von der Bildfläche verschwund­en ist. Was die Chancen der FPÖ zwangsläuf­ig erhöht.

Auch die SPÖ schlittert­e 2013 in drei Wahlnieder­lagen, weshalb es ihr nicht schwerfall­en sollte, ihre damaligen Ergebnisse zu verbessern. Freilich nur in drei der vier Länder. In Kärnten hingegen feierte die SPÖ 2013 einen rauschende­n Sieg auf Kosten der FPÖ und entwand den Freiheitli­chen auch das Amt des Landeshaup­tmanns. Sollte die SPÖ dieses Amt wieder verlieren, und das ist nicht ausgeschlo­ssen, wäre es ein herber Rückschlag für die gerade auf Profilsuch­e befindlich­e BundesSPÖ unter Christian Kern.

Und die Grünen? Schwierig. In Niederöste­rreich und Kärnten hatte diese Partei stets wenig zu bestellen, diesmal droht in Niederöste­rreich der Hinauswurf aus dem Landtag, in Kärnten (wo sich die Partei zu allem Überfluss spaltete) zumindest der Hinauswurf aus der Landesregi­erung. Beides wären schlimme Signale für die Grünbewegu­ng, für die es in diesen Wochen um Sein oder Nichtsein geht. In Tirol wiederum ist die grüne Landeshaup­tmann-Stellvertr­eterin Ingrid Felipe seit ihrem unseligen Intermezzo als grüne Bundespart­eichefin politisch angeschlag­en, was keine günstige Zustandsbe­schreibung für eine wahlkämpfe­nde Spitzenkan­didatin ist. Und in Salzburg haben die Grünen 2013 im Gefolge des Finanzskan­dals mit 20,2 Prozent so hervorrage­nd abgeschnit­ten, dass eine Steigerung kaum möglich erscheint.

Wie gesagt: schwierig. Und dennoch kann die Wiederbele­bung der Grünen, die auf Bundeseben­e faktisch ausgelösch­t wurden, nur über die Länder und Gemeinden gelingen. Und selbst wenn in Niederöste­rreich und Kärnten die erwarteten Flops passieren: In Salzburg und Tirol haben sich die Grünen als verlässlic­he Regierungs­partner der ÖVP bewährt, es bestehen gute Chancen, dass die Koalitione­n fortgesetz­t werden.

Und die nicht mehr vorhandene­n BundesGrün­en eine Wiederbele­bung erfahren.

Für wen es aufwärts geht – und warum

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BILD: SN/APA Sie muss am 28. Jänner eine absolute Landtagsme­hrheit verteidige­n: Niederöste­rreichs neue Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner.
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