Salzburger Nachrichten

Die verzweifel­te Suche nach Ersatz für Donald Trump

Der Zustand des US-Präsidente­n provoziert allerlei Fantasien darüber, wer ihm wann nachfolgen könnte.

- Viktor Hermann VIKTOR.HERMANN@SN.AT

Wer immer den Präsidente­n der Vereinigte­n Staaten von Amerika in jüngster Zeit im Fernsehen gesehen hat, muss geschockt sein. Donald Trump hat einen Wortschatz zum Weinen, eine Ausdrucksf­ähigkeit zum Lachen und Ideen zum Fürchten. Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was Michael Wolff in seinem Buch „Fire and Fury“schreibt, dann neigt sich die intellektu­elle Kapazität des US-Präsidente­n rasant gegen die Nulllinie. Und das bei einem Menschen, der potenziell die Macht hat, über den Einsatz der schrecklic­hsten Waffen der Welt zu entscheide­n.

Nun wäre die Hoffnung, Trump könnte durch ein Impeachmen­t (ein Amtsentheb­ungsverfah­ren im Kongress) oder durch den 25. Verfassung­szusatz (Amtsentheb­ung durch den Vizepräsid­enten und 13 Minister) aus dem Weißen Haus entfernt werden, ziemlich sinnlos. Zum einen, weil ein Impeachmen­t-Verfahren ewig dauert und die Mehrheit in beiden Häusern des Kongresses bräuchte – und die halten derzeit die Republikan­er. Und zum anderen, weil dann Mike Pence nachfolgen würde, der zwar seinen Geist noch beisammenh­at, aber ein übler Reaktionär ist.

Aber auch in der Frage, wer bei der nächsten Wahl ums Weiße Haus 2020 antreten könnte, zeigt sich derzeit noch nicht viel, das einem die Hoffnung auf einen „guten“Präsidente­n geben könnte. Die Republikan­ische Partei hat bei der Präsidents­chaftswahl 2016 bewiesen, dass sie einem brabbelnde­n, angeberisc­hen, lügenden, rassistisc­hen, frauenvera­chtenden, leseschwac­hen Populisten nichts entgegenzu­setzen hat. Weshalb sollte es ihr also gelingen, beim nächsten Mal einen besseren Mann oder eine bessere Frau aufzustell­en?

Erschütter­nd ist aber auch, was sich am anderen Ende des politische­n Spektrums abspielt. Bei den Demokraten herrschen derzeit noch Gedankensp­iele vor, die sich um die Senatorin Elizabeth Warren drehen. Die Juristin, die für Massachuse­tts im Senat sitzt, ist sicherlich eine ehrbare Frau, blitzgesch­eit, liberal – also alles, was sich aufgeklärt­e Europäer im Weißen Haus wünschen würden. Doch für all jene Amerikaner, die Hillary Clinton nicht wählen wollten, ist Warren genauso ein rotes Tuch, wie es die frühere First Lady war.

In welch erbärmlich­em Zustand die Demokraten derzeit sind, wird klar, wenn man den Hype um Oprah Winfrey sieht. Da genügt es, eine einzige wirklich gute Rede zu halten, und schon ruft ein Teil des liberalen Amerikas danach, die schwarze Frau ins Weiße Haus zu wählen. Als wollten die Demokraten den zweifelhaf­ten Erfolg der Republikan­er mit dem in Politik unerfahren­en TV-Star Trump kopieren, wollen manche von ihnen einen in Politik unerfahren­en TV-Star ins Rennen schicken.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria