Salzburger Nachrichten

In der SPD regt sich Widerstand

Die geplante Neuauflage der GroKo ist umstritten. Auf Parteichef Martin Schulz wartet eine schwierige Woche.

- Alexander Dobrindt, CSU-Politiker

Mit nur einer Stimme Mehrheit hat der SPD-Landesverb­and Sachsen-Anhalt am Wochenende den Ergebnisse­n der Sondierung­sverhandlu­ngen von Union und SPD eine Absage erteilt. Zuvor hatte Außenminis­ter Sigmar Gabriel vergebens für ein Ja geworben. Durchgeset­zt haben sich die Jusos mit ihrer No-GroKo-Kampagne, die sie unmittelba­r nach Abschluss der Sondierung­en am Freitag in Gang gesetzt hatten.

Für SPD-Chef Martin Schulz ist das Ergebnis bitter, auch wenn Sachsen-Anhalt beim Sonderpart­eitag am kommenden Sonntag nur sechs von 600 Delegierte­n stellen wird. Das Nein in Sachsen-Anhalt offenbart, wie sehr die Partei in der Frage einer neuen GroKo gespalten ist. Zu allem Unglück für den SPDChef ist es auch nicht der kleine Landesverb­and Sachsen-Anhalt allein, der Kritik übt. Auch an der Parteispit­ze regt sich Widerstand, nicht zuletzt bei denen, die mitverhand­elt haben, wie etwa Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel. Der forderte schon einen Tag nach Ende der Sondierung­en „an zentralen Punkten Korrekture­n“.

Auch Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller und die Ministerpr­äsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, forderten Nachbesser­ungen. „Ich sehe das sehr kritisch“, betonte Müller. Ihnen fehlen der Wechsel zu einer Bürgervers­icherung sowie höhere Steuern für Reiche. Für Schulz hätte die Woche gar nicht schlechter beginnen können. Bis Sonntag muss er in zahlreiche­n Konferenze­n die Parteibasi­s vom Erfolg der Sondierung­sverhandlu­ngen mit CDU/CSU überzeugen, damit ihm der Sonderpart­eitag am 21. Jänner grünes Licht für den Start von Koalitions­verhandlun­gen erteilt. Schulz gab sich am Wochenende optimistis­ch: „So wie ich selbst werden die Delegierte­n auf dem SPD-Parteitag nur durch Inhalte zu überzeugen sein“, betonte er. Als Erfolg bezeichnet­e er die Festschrei­bung des Pensionsni­veaus und die höheren Investitio­nen in Bildung. Den Verzicht auf höhere Steuern für Besserverd­iener begründete er damit, dass fast 90 Prozent der Bevölkerun­g künftig keinen Soli mehr bezahlen müssten.

Auf Unionsseit­e kamen die Forderunge­n nach Nachbesser­ungen naturgemäß nicht gut an. CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt rief Schulz auf, den „Zwergenauf­stand“in den Griff zu bekommen. Die SPD müsse jetzt zeigen, dass sie ein verlässlic­her Koalitions­partner sein könne. Bayerns Finanzmini­ster und designiert­er Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) lehnte Nachbesser­ungen rundum ab: „Die von allen Delegation­en einstimmig beschlosse­ne Sondierung­svereinbar­ung ist mit 28 Seiten doch schon fast ein Koalitions­vertrag.“

Während Bundeskanz­lerin Angela Merkel die Koalitions­verhandlun­gen bis Mitte Februar beendet haben will, gibt es in der SPD offenbar noch erhebliche Zweifel, dass es überhaupt zu Gesprächen kommt. Malu Dreyer sieht nach wie vor „gute Gründe für eine Minderheit­sregierung“, von der Merkel gar nichts hält. Und Berlins Michael Müller wollte Neuwahlen nicht ausschließ­en. Die aber könnten erst in Betracht gezogen werden, wenn alle anderen Möglichkei­ten ausgeschöp­ft seien, wie Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier am Wochenende deutlich machte. Es werde zu Recht diskutiert, ob eine Minderheit­sregierung in der gegenwärti­gen Lage Europas der geeignete Beitrag zur Überwindun­g der europäisch­en Krise sei, sagte er. Kommt keine Koalition zustande, muss Steinmeier entscheide­n, ob er einen Minderheit­skanzler ernennt oder Neuwahlen ansetzt.

Bleibt die Frage, ob den Genossen klar ist, welche Folgen ein Erfolg der No-GroKo-Strategie der Parteilink­en hätte. Schulz müsste zurücktret­en und mit ihm die restliche Parteispit­ze, die ja ebenfalls für Koalitions­verhandlun­gen gestimmt hat.

In der Bevölkerun­g stößt die GroKo auf große Vorbehalte. 52 Prozent halten sie für „weniger gut“oder „schlecht“, ergab eine am Sonntag veröffentl­ichte Umfrage von Infratest Dimap.

„Schulz muss den Zwergenauf­stand in den Griff bekommen.“

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