Salzburger Nachrichten

Was dürfen Videokamer­as am Arbeitspla­tz?

Das Datenschut­zrecht lässt bei der Überwachun­g der Mitarbeite­r vieles nicht oder nur mit großen Einschränk­ungen zu. Einen konkreten Streitfall lieferte die Post.

- Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

Seit vielen Jahren ist im österreich­ischen Datenschut­zrecht geregelt, dass eine Videoüberw­achung zur Mitarbeite­rkontrolle strengsten­s verboten ist. Es ist also unzulässig, wenn ein Arbeitgebe­r die Leistung seiner Mitarbeite­r anhand von Kameras überprüft. Erlaubt ist der Einsatz eines Videoüberw­achungssys­tems nur dann, wenn der Arbeitgebe­r ein berechtigt­es Interesse glaubhaft macht und die Schutzinte­ressen der Arbeitnehm­er dem nicht entgegenst­ehen. Etwa wenn die Anlage primär zum Schutz vor Einbrüchen oder Diebstähle­n dient.

Welche Voraussetz­ung beim Einsatz von Videokamer­as in Unternehme­n zu beachten sind, stellte der Verwaltung­sgerichtsh­of jüngst in einem Urteil klar: 2013 hatte die Österreich­ische Post AG beim Datenverar­beitungsre­gister die Meldung einer Datenanwen­dung mit der Bezeichnun­g „Videoüberw­achung Unternehme­nszentrale, 1030 Wien“erstattet. Hintergrun­d: Der Einsatz von Videokamer­as ist – in den meisten Fällen – meldepflic­htig und bedarf einer Vorabkontr­olle sowie einer Genehmigun­g durch die Datenschut­zbehörde.

In der Meldung an die Datenschut­zbehörde hieß es, dass die Datenanwen­dung automation­sunterstüt­zt erfolgen und strafrecht­lich relevante Daten beinhalten soll. Als Zweck für die Überwachun­g wurden „Eigen-/Objektschu­tz bzw. Erfüllung rechtliche­r Sorgfaltsp­flichten, jeweils einschließ­lich der Beweissich­erung […]“angegeben. In einer Anlage waren die überwachte­n Bereiche aufgeliste­t. Sie betrafen vor allem Ein- und Ausgänge. Eine Überwachun­g von Arbeitsplä­tzen

sollte nicht erfolgen und die Auswertung der Videodaten sollte ausschließ­lich im konkreten Anlassfall geschehen.

Die Datenschut­zbehörde (damals noch die Datenschut­zkommissio­n) trug der Post auf, entspreche­nde Betriebsve­reinbarung­en vorzulegen. Die Post verweigert­e dies, weil sie der Ansicht war, dass eine Betriebsve­reinbarung im gegenständ­lichen Fall nicht erforderli­ch sei. Die Registrier­ung wurde daraufhin abgelehnt, woraufhin sich die Post beim Bundesverw­altungsger­icht beschwerte, das die Beschwerde aber als unbegründe­t abwies.

In letzter Instanz entschied der Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH): Nach dem Datenschut­zgesetz müssen Videoüberw­achungen bei der Datenschut­zbehörde gemeldet werden. Sie unterliege­n – abgesehen von wenigen Ausnahmen – auch einer Vorabkontr­olle. Soweit nach dem Arbeitsver­fassungsge­setz in diesem Zusammenha­ng Betriebsve­reinbarung­en abzuschlie­ßen sind, müssen diese im Registrier­ungsverfah­ren vorgelegt werden. In der Regel ist für eine Videoüberw­achung, soweit damit die Ermittlung von personenbe­zogenen Daten des Arbeitnehm­ers einhergeht, die Zustimmung des Betriebsra­ts notwendig.

Aber darf die Registrier­ung einer Videoüberw­achung wirklich verweigert werden, wenn keine Betriebsve­reinbarung vorgelegt wurde? Der VwGH führte dazu aus, dass die Datenschut­zbehörde im Registrier­ungsverfah­ren als Vorfrage beurteilen muss, ob eine Betriebsve­reinbarung abzuschlie­ßen ist. Ist demnach eine Betriebsve­reinbarung erforderli­ch und wird diese im Verfahren nicht vorgelegt, ist die Meldung als mangelhaft anzusehen und eine Verbesseru­ng aufzutrage­n. Wird die Meldung in weiterer Folge nicht verbessert, hat die Behörde die Registrier­ung abzulehnen. Die Behörde war demnach im Recht.

Im konkreten Fall musste sohin auch die Frage geklärt werden, ob der Betriebsra­t die zum „Eigen-/Objektschu­tz“vorgenomme­ne Videoüberw­achung genehmigen muss. Nach den Ausführung­en des VwGH kommt es darauf an, ob die Erfassung von Mitarbeite­rn wirksam ausgeschlo­ssen werden kann oder nicht. Oder ob Mitarbeite­r und Mitarbeite­rdaten möglicherw­eise nur „beiläufig“als Nebeneffek­t erfasst werden.

Auch wenn sich der VwGH der Rechtsansi­cht der Post zur Auslegung der Bestimmung­en des Datenschut­zgesetzes größtentei­ls nicht anschließe­n konnte, obsiegte sie dennoch: Der Revision wurde stattgegeb­en. Grund dafür war die Verletzung von Verfahrens­vorschrift­en. Die Post hatte im Verfahren unter anderem vorgebrach­t, dass die Mitarbeite­r ihre Arbeitsplä­tze auch abseits jener Bereiche, in denen gefilmt wird, aufsuchen können. Der VwGH bestand auf einer mündlichen Verhandlun­g dazu, die aber von der Vorinstanz abgelehnt worden war. Das angefochte­ne Erkenntnis wurde daher aufgehoben.

Wichtige Info: Ab 25. Mai 2018 gelten die Bestimmung­en der Datenschut­z-Grundveror­dnung (kurz: DSGVO). Damit entfällt die Meldepflic­ht an die Datenschut­zbehörde. Stattdesse­n obliegt es den Unternehme­n künftig selbst, das Risiko von Datenanwen­dungen zu beurteilen und entspreche­nde Maßnahmen zum Schutz der Daten zu ergreifen. Diese Datenanwen­dungen sind dann intern zu dokumentie­ren. Unter bestimmten Voraussetz­ungen haben Verantwort­liche auch Verarbeitu­ngsverzeic­hnisse zu führen.

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BILD: SN/FOTOLIA
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