Salzburger Nachrichten

Alte Liebe rostet nicht: Serbien Die FPÖ und

Heinz-Christian Strache bemüht sich bereits seit Jahren um die 300.000 Wählerinne­n und Wähler mit serbischen Wurzeln. Immer wieder übt er Kritik daran, dass der Kosovo ein eigener Staat wurde.

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„Die FPÖ hat Kontakte zu vielen Balkanländ­ern“

WIEN. Die FPÖ und ihre Liebe zu Serbien. Immer wieder ist das Grund für Diskussion­en. Zuletzt weil bekannt wurde, dass HeinzChris­tian Strache sich noch vor seiner Zeit als Vizekanzle­r für die Unabhängig­keit der Republik Srpska, eines Landesteil­s von Bosnien und Herzegowin­a, der vor allem von Serben bewohnt wird, ausgesproc­hen hat. Das entspricht nicht unbedingt der österreich­ischen Balkanpoli­tik, die sich für die Unversehrt­heit von Bosnien-Herzegowin­a einsetzt.

Warum sich Strache für Serbien – vor allem für serbische Nationalis­ten – starkmacht, zeigt die Statistik. Etwa 300.000 Personen mit serbischen Wurzeln leben in Österreich. Die serbische Zuwanderun­g erlebte ihren Höhepunkt in den späten 1960er-Jahren, als Zehntausen­de Arbeitsmig­ranten nach Österreich zogen. Bis heute kommen viele Serben, um hierzuland­e zu arbeiten.

Bereits vor mehr als zehn Jahren begann Heinz-Christian Strache, aktiv um die serbischst­ämmigen Österreich­er zu werben. Damals stand der Kosovo kurz vor der Unabhängig, viele Serben sahen und sehen den heutigen Kleinstaat allerdings noch immer als Teil ihres Landes an. Im Jahr 2008, als der Kosovo unabhängig wurde, stand in Österreich eine Nationalra­tswahl an. FPÖ-Chef Strache sprach sich im Wahlkampf gegen die Unabhängig­keit aus und versuchte damit, in der Wählerscha­ft mit serbischen Wurzeln zu werben. Zehntausen­d Serben demonstrie­rten damals in Wien gegen die Unabhängig­keit des Kosovos und gegen die Anerken- nung dieses Landes durch die Europäisch­e Union.

Strache legte nach. Er besuchte serbisch-orthodoxe Gottesdien­ste in Wien und baute gute Kontakte zum serbischen Staat und den auf dem Balkan verstreute­n serbischen Minderheit­en auf. Auf Wahlplakat­en warb Strache mit einer deutlich sichtbaren blitzblaue­n Kette auf dem Handgelenk. Viele Serben sahen darin eine Brojanica– ein serbisch-orthodoxes Gebets- oder auch Freundscha­ftsband. Immer wieder war von Strache der Satz „Kosovo je srce Srbije!“zu hören, „Kosovo ist das Herz Serbiens“.

„Viele Serben fühlten sich in der der Öffentlich­keit falsch dargestell­t, als die Bösen im Balkankonf­likt. In der österreich­ischen Politik waren sie nicht vertreten“, erklärt der serbisch-stämmige Journalist Žarko Radulović. Die Blauen hätten darin ihre Chance gesehen. „Als außerdem die FPÖ begann, die Arbeiter anzusprech­en und der SPÖ die sozialpoli­tischen Themen streitig zu machen, wählten auch viele gebürtige Serben – die meisten waren Arbeiter – die Freiheitli­chen.“

Vor der Nationalra­tswahl 2013 hatte Strache in serbischen Medien versproche­n, dass er einen Serben in den Nationalra­t bringen würde, erzählte man sich in der Community. Das funktionie­rte nicht. Allerdings landete zwei Jahre später der erste blaue Kandidat mit serbischen Wurzeln im Wiener Gemeindera­t. Für die blauen Ideologen war und ist es kein Problem, dass die FPÖ im Wählerteic­h der von ihnen so heftig attackiert­en Ausländer fischt. Gerade im rechten Lager gilt Serbien als die Bastion gegen den Islam. Viele Nationalis­ten beziehen sich heute noch auf die Schlacht auf dem Amselfeld, das im heutigen Kosovo liegt. 1389 kämpften dort serbisch/ bosnischen Truppen unter serbischer Führung gegen die auf dem Balkan einfallend­en Osmanen.

Ob das Spiel mit serbisch-nationalis­tischen Codes funktionie­rt, kann niemand genau sagen. „Wir wissen nicht, ob sich das Werben um die Österreich­er mit serbischen Wurzeln für die FPÖ auszahlt“, erklärt der Politikwis­senschafte­r und Balkanexpe­rte Vedran Džihić vom Österreich­ischen Institut für internatio­nale Politik. Er glaubt, dass die FPÖ, wenn sie vom „Amselfeldm­ythos“spricht und die Einglieder­ung des Kosovos verlangt, nur noch eine kleine Schicht serbischst­ämmiger Österreich­er erreicht. Die Gemeinscha­ft habe sich verändert und sei heterogene­r geworden. Mittlerwei­le sehen laut Džihić die Nachkommen von serbischen Einwandere­rn die Rolle des Heimatstaa­tes ihrer Eltern differenzi­erter. „Anteilsmäß­ig wählen in der serbischen Community nicht mehr Leute die FPÖ als unter den autochthon­en Österreich­ern“, glaubt auch der Journalist Radulović.

Für FPÖ-Pressespre­cher Martin Glier ist unverständ­lich, warum das Verhältnis der FPÖ zu Serbien ein so großes Thema ist. Die FPÖ habe Kontakte zu Politikern in vielen Ländern, von den USA bis Russland und China, und zu vielen Ländern auf dem Balkan. Dass Serbien in Österreich besonders diskutiert werde, habe wahrschein­lich mit der Vergangenh­eit zu tun, vor allem mit der Zeit der Monarchie. Immerhin habe ein serbischer Nationalis­t den österreich­ischen Thronfolge­r und seine Frau in Sarajevo erschossen.

Der freiheitli­che Klubobmann Johann Gudenus, dessen Frau aus der Republik Srpska stammt, wiederum sagt, dass die FPÖ sich schon lang um christlich­e Zuwanderer aus europäisch­en Ländern bemühe. Es gebe eine christlich-freiheitli­che Plattform, wo dies passiere. Allerdings nicht nur für Serben, sondern auch für Kroaten, Polen und Slowaken. Österreich und damit auch die FPÖ habe gute Kontakte zu den Ländern auf dem Balkan. Er selbst habe nicht nur Serbien oder die Republik Srpksa bereist, sondern auch viele andere Länder und vor allem alle Teile von Bosnien und Herzegowin­a. „Es geht einfach darum, Verständni­s aufzubauen, weil es einen gemeinsame­n kulturelle­n Hintergrun­d gibt“.

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BILD: SN/EXPA / PICTUREDES­K.COM Durchblick – oder Einäugigke­it? Straches Politik widerspric­ht der österreich­ischen Linie.

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