Schulz schwört seine Partei aufs Regieren ein
Die SPD entscheidet am Sonntag, ob sie erneut eine Große Koalition mit der Union eingehen soll. Für den Parteichef geht es um alles oder nichts.
BERLIN. Er ist nicht unbedingt ein begnadeter Redner. Aber am Sonntag muss Martin Schulz auf dem SPD-Parteitag in Bonn die Rede seines Lebens halten.
Wenn es ihm nicht gelingt, die 600 Delegierten von einer Neuauflage der Großen Koalition zu überzeugen, bringt er nicht nur das Land in eine äußerst schwierige und noch nie da gewesene Lage. Er müsste dann nach nur einem Jahr sein Amt schon wieder aufgeben – und mit ihm eigentlich die komplette Führungsriege. Die Folge wäre eine Neuwahl, von der die SPD kaum profitieren dürfte. Nach einer Forsa-Umfrage liegt die SPD derzeit nur noch bei 18 Prozent. Bei der Bundestagswahl waren es noch 20,5 Prozent. Allerdings könnte eine Neuwahl auch für Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel höchst unangenehm werden.
Schulz ging am Freitag in die Offensive und warb in einem Rundschreiben für Koalitionsverhandlungen. Die Entscheidung am Parteitag sei „von enormer Bedeutung für die Zukunft in Deutschland, in ganz Europa und für die SPD.“Man habe viel erreicht. Unterstützung erhielt er von zahlreichen früheren SPD-Chefs und auch von ehemaligen Juso-Vorsitzenden. Bei einem Nein prophezeite der SPD-Chef eine baldige Neuwahl, bei der die SPD mit einem Programm in den Wahlkampf ziehen müsste, das in großen Teilen mit dem Sondierungsergebnis identisch sei: „Wie absurd wäre das denn?“
Selbst die Zweifler aus der SPDSpitze sprechen sich jetzt für Verhandlungen aus, wenn sie es sich auch nicht nehmen lassen, darauf hinzuweisen, dass sie ja eigentlich GroKo-Skeptiker sind. Aber ihnen ist inzwischen aufgegangen, dass eine Neuwahl den Rechtspopulisten helfen würde. Doch die Hardliner unter den GroKo-Gegnern wollen nicht aufgeben. Der linke Parteiflügel will die NoGroKo-Kampagne im Falle von Koalitionsverhandlungen noch verstärken. Die Mehrheitsverhältnisse auf dem Parteitag sind schwer einzuschätzen – zumal in einer so debattierfreudigen und streitlustigen Partei wie der SPD.
Wenn Schulz eine Mehrheit erhält, dann können die Koalitionsverhandlungen bereits am Montag beginnen. Das hofft jedenfalls die Union. Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte so schnell wie möglich fertig sein. Sie hätte gern zu Ostern eine handlungsfähige Regierung. Darum sollen die Koalitionsverhandlungen innerhalb von 14 Tagen abgewickelt werden. Dann bliebe genügend Zeit für den SPDMitgliederentscheid.