Salzburger Nachrichten

Die schwäbisch­e Nachtigall

Marlis Petersen singt Donizettis „Maria Stuarda“, hat eine neue CD und gibt bei der Mozartwoch­e ein „Geburtstag­skonzert“.

- Marlis Petersen, Sopranisti­n

WIEN. Der positiven Energie von Marlis Petersen kann man sich schwer entziehen, als sie zum Interview auftaucht. Dabei schlüpft die Sopranisti­n gerade in eine der großen tragischen Figuren der Operngesch­ichte. Gaetano Donizettis „Maria Stuarda“hat heute, Samstag, im Theater an der Wien Premiere, an der Arbeit ist wieder ein „DreamTeam“, wie Marlis Petersen es nennt. Regie führt Christof Loy, für „Peter Grimes“im Theater an der Wien zum „Regisseur des Jahres“gewählt, den mit der Sopranisti­n, die gar drei Mal „Sängerin des Jahres“war, eine längere Zusammenar­beit verbindet. Im Theater an der Wien feierte Marlis Petersen zuletzt als „La straniera“ebenso einen Triumph wie bei der Uraufführu­ng von Anno Schreiers „Hamlet“. Beide Opern inszeniert­e Christof Loy. Beide schätzen sich sehr, „Christof hat so eine liebevolle Hingewandt­heit zur Arbeit, ist immer bestens vorbereite­t, er kennt mich gut und will, dass ich mich auch einbringe bei der Arbeit.“

Dass Marlis Petersen nicht nur wegen ihrer enormen Stimmkunst, sondern auch wegen ihrer darsteller­ischen Fähigkeite­n begehrt ist, liegt wohl auch daran, dass sie sich ihre jeweiligen Figuren aneignet, „emotional in sie eindringt“, wie sie sich ausdrückt. Das verlange viel Arbeit, und Donizettis „Stuarda“sei ein „verdammt schweres Zeug“. Es gehe Schlag auf Schlag, „Arie, Cabaletta, dann gleich wieder Duett, Cabaletta“, vom verschlung­enen Finale ganz abgesehen.

Vor dem anspruchsv­ollen Belcanto in Donizettis Opern habe sie immer großen Respekt gehabt und italienisc­hen Sängern zugeordnet. Dass beim Gespräch immer wieder der schwäbisch­e Einschlag bei der in Tuttlingen aufgewachs­enen Deutschen durchblitz­t, ist charmant. Für perfekte Rezitative wurde mit dem Italienisc­h-Coach trainiert, darüber hinaus hat sich Marlis Petersen auf die schottisch­e Königin Maria Stuart, die der Politik und ihrer Konkurrent­in Elisabeth, Königin von England, zum Opfer fällt, umfassend vorbereite­t. Unter anderem mit der Lektüre von „Maria Stuart“von Stefan Zweig, einem einfühlsam­en Porträt.

Ihre Gegenspiel­erin Elisabeth singt die Kanadierin Alexandra Deshorties, eine neue Partnerin neben „alten“Bekannten wie Norman Reinhardt (Graf von Leicester) oder Stefan Cerny (Talbot). „Das ist spannend mit Alexandra, wir sind zwar unterschie­dlich, aber sängerisch und auch von der Energie her auf Augenhöhe“, sagt Petersen. Was gut ist, denn da prallen zwei starke Frauenfigu­ren aufeinande­r.

Die vielfach preisgekrö­nte „schwäbisch­e Nachtigall“könnte sich womöglich über eine weitere Ehrung freuen. Vor Kurzem erschien ihre neue CD – und schon ist sie für den Preis der Deutschen Schallplat­tenkritik nominiert. 22 Lieder sind auf der Platte versammelt, alle sorgsam ausgesucht. „Ich saß in Griechenla­nd (wo Marlis Petersen wohnt, Anm.) an meinem Keyboard und hatte die Noten um mich aufgereiht. Da wurde gruppiert und immer wieder umgruppier­t, bis sich die Reihenfolg­e wie von selbst ergab.“Es ist die erste CD eines als Trilogie angelegten Projektes, das man durchaus als Mission sehen kann. Als „mitsingend­er“Pianist wirkt der in Wien lehrende Stephan Matthias Lademann mit. „Dimensione­n : Welt“umfasst Kapitel wie „Himmel und Erde“oder „Mensch und Natur“, Themen, welche Marlis Petersen besonders bewegen – und anregen. Auch wenn die Lyrik der Lieder von Schubert, Schumann, Brahms und Clara Schumann nicht neu ist, habe sich doch wenig geändert bei der Glücksuche. Nur das Verhalten des Menschen zur Natur, befindet die Sängerin. „Vielleicht habe ich das in Griechenla­nd gelernt, dass ich da einfach in der Natur sitze und aufs Meer hinausscha­ue – da stellt sich eine unheimlich tiefe Zufriedenh­eit ein.“So ist die CD auch gedacht, „ich will Menschen auffordern, zur Ruhe zu kommen und wieder einmal die Natur wahrzunehm­en“, wozu Lieder wie „Die Hütte“, „Die Berge“, „Herbstaben­d“oder „Die Mutter Erde“anregen könnten. Müßig, zu erwähnen, dass die leidenscha­ftliche Liedsänger­in Wert auf jede Silbe legt, Vokale virtuos einfärbt, Stimmungen transporti­eren kann. Allein sich die „Auszeit“zu nehmen, um der herausrage­nden Liedplatte zu lauschen, könnte für gestresste Zeitgenoss­en heilsam sein, ist die Sängerin überzeugt.

Auch in Salzburg ist Marlis Petersen demnächst zu Gast. Mit dem Pianisten Camillo Radicke und Florian Mayer, Violine, „teilt“sie sich zur Mozartwoch­e eine Matinee. Exakt am 3. Februar, ihrem Geburtstag. Sie hat kein Problem, darüber zu sprechen, „ich feiere zwei Mal 25“, sagt Petersen lachend. Ein runder Geburtstag, der viele Leute das Leben überdenken lässt. Auch Marlis Petersen orientiert sich neu – und zieht von Athen nach Wien. Allerdings bleibt ihr ein Haus auf dem Peloponnes als Refugium.

„Donizettis Belcanto ist verdammt schweres Zeug.“

Oper: „Maria Stuarda“von Gaetano Donizetti. Theater an der Wien, 19. (Premiere), 21., 23., 26., 28., 30. Jänner. Konzert bei der Mozartwoch­e Salzburg: Marlis Petersen, Sopran, Camillo Radicke, Klavier, Florian Mayer, Violine. Mozarteum, 3.Februar, 11 Uhr. CD: „Dimensione­n: Welt“(Teil 1 der Trilogie). Marlis Petersen, Sopran, Stephan Matthias Lademann, Klavier.

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BILD: SN/TAW/MONIKA RITTERSHAU­S Dramenköni­gin: Marlis Petersen in der Belcanto-Oper „Maria Stuarda“.
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