Salzburger Nachrichten

Ein Leben für die Schwächste­n

Ute Bock setzte sich jahrzehnte­lang und kompromiss­los für sozial Benachteil­igte und Flüchtling­e ein. Dabei schonte sie am allerwenig­sten sich selbst. Nun ist sie im 76. Lebensjahr gestorben.

- SN, APA

Jahrelang hatte sich Ute Bock, die pensionier­te Erzieherin, kompromiss­los und ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit für Flüchtling­e eingesetzt, butterte Gehalt bzw. Pension und Spendengel­der in deren Unterbring­ung. Für Linke wurde sie damit zur Schutzmado­nna der Gestrandet­en, für Rechte und manchen Anrainer dagegen zu einer Art Gottseibei­uns. Am Freitag starb Ute Bock im 76. Lebensjahr in Wien.

Ihr Einsatz machte sie sogar zum Doku-Filmstar, es wurde ihr eine Biografie gewidmet und sie erhielt zahlreiche Ehrungen von Rennerbis Kreisky-Preis. Geboren am 27. Juni 1942 in Linz, begann sie nach der Matura in einem Heim für schwer erziehbare Sonderschü­ler in Biedermann­sdorf zu arbeiten. Der nächste Weg führte sie nach WienFavori­ten, in die Zohmanngas­se, bis heute ein symbolträc­htiger Ort für Bock-Freunde wie Gegner.

Dort stand in den 1970er-Jahren ein Gesellenhe­im, Bock kümmerte sich dort zunehmend um Fälle aus schwierige­n Verhältnis­sen. 1976 wurde sie Leiterin der Einrichtun­g. In den 1990er-Jahren wandelte sich das Gesellenhe­im immer mehr in ein Quartier für junge Zuwanderer, zunächst aus dem Jugoslawie­nKrieg, später für Schwarzafr­ikaner.

Der Ruhestand beendete ihr Engagement keineswegs. Mit der eigenen Pension und Sponsoren organisier­te sie Unterkünft­e für Flüchtling­e. Die von ihren Schützling­en gerne als „Mama“betitelte Bock wurde mit ihrem Wirken schnell zu einer Art Kult-Figur, was beim Lukrieren von Geldern durchaus hilfreich war. Die wohl bekanntest­e Aktion war „Bock auf Bier“, bei der in Wiener Lokalen ein 10-Cent-Zuschlag zugunsten der Bock-Einrichtun­gen eingehoben wurde. 2008 rettete der Industriel­le Hans Peter Haselstein­er Bocks Verein vor dem Aus. Ende 2013 überstand sie einen schweren Schlaganfa­ll. Bock musste kürzer- treten, kehrte 2014 aber in ihr Wohnprojek­t zurück. Prominente Unterstütz­er hatte sie viele, darunter Altbundesp­räsident Heinz Fischer.

Im Herbst 2015, am Höhepunkt der Flüchtling­skrise, als Tausende am Wiener Westbahnho­f strandeten, warnte Bock vor Scheinheil­igkeit. „Es ist nicht das Wichtigste, dass die Leute da Brot hintragen“, meinte sie. Das Schlimmste sei, „dass wir eine fürchterli­che Einstellun­g haben – wenn ich in der Straßenbah­n höre, ,wären sie halt daheim geblieben‘, das ist unerträgli­ch“. Ein von der Stadt Wien angebotene­s Ehrengrab für Ute Bock lehnte deren Familie „aus Gründen der Privatheit“ab.

„Wir haben so eine furchtbare Einstellun­g.“Ute Bock, Flüchtling­shelferin

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