Die vielen Tücken mit der Verpackung
Wir ersticken im Plastikmüll. Einziger Ausweg: Weniger Verpackung. Die aber ist oft Pflicht und spart manchmal sogar Müll.
SALZBURG. Der Kaffee im Plastikbecher to go, das Wasser in der Halbliter-PET-Flasche und das Convenience-Menü zum Mitnehmen appetitlich in fünf Plastikschälchen. Wir ersticken im Plastikmüll, den größten Anteil daran haben Verpackungen. Die EU will wie berichtet die Reißleine ziehen. Ein schwieriges Unterfangen, denn was einfach verpackt scheint, ist bei sorgfältigem Auspacken höchst komplex.
„Die beste Verpackung ist einfach keine Verpackung“, sagt ja!Natürlich-Chefin Martina Hörmer. Mit „einfach“ist damit aber auch schon Schluss. Viele Käufer ärgert, dass gerade Bio-Obst und -Gemüse im Supermarkt oft eingeschweißt und einzeln verpackt sind. „Grund ist, dass der Händler garantieren muss, dass biologische und konventionelle Ware nicht vertauscht werden können, also dürfen Äpfel nicht unverpackt in Steigen nebeneinanderliegen“, sagt Hörmer. Und Bio sei mit 20 Prozent Anteil der kleinere Bereich – und bringe damit gesamt gesehen weniger Verpackungsmüll. Bleiben als Ausweg Alternativen, wie das BioLabel aufzulasern, wie man es bei Avocados bereits tut. „Das geht aber nur bei Früchten, die man schälen kann.“Man setze daher auch auf biologisch abbaubare Beutel aus nachwachsendem Rohstoff, in die ja!Natürlich neuerdings Karotten packt. „Die sind kompostierbar.“
Kritik gibt es auch da. „Das Problem
ist, dass im Abfallsystem diese Beutel aussortiert und erst recht verbrannt werden“, sagt Marion Huber-Humer, Leiterin der Abfallwirtschaft an der Universität für Bodenkultur. Zwar sei die Ökobilanz selbst dann noch besser als bei Plastik, aber nur, wenn tatsächlich nachwachsende Rohstoffe verwendet wurden. „Bio-Plastik ist oft ein reiner Marketing-Gag, weil es heißen kann, dass das Plastik biologisch abbaubar ist, dann kann es aber erst recht aus fossilen Rohstoffen gewonnen sein. Oder es bedeutet aus nachwachsendem Rohstoff. Nur selten trifft wirklich beides zu.“
Der Teufel stecke im Detail, sagt auch Greenpeace-Umweltchemiker Herwig Schuster. „Bio-Plastik aus
gentechnisch verändertem Mais aus Brasilien hat keinen Sinn, aus biologischen Abfallprodukten wie Pflanzenstängeln dagegen schon.“Die klar beste Alternative ist für ihn Mehrweg, ob bei der Stofftasche oder der Glasflasche.
Zumindest was die Glasflasche betrifft, ist die Antwort der Boku-Expertin nicht so eindeutig, es gebe unzählige Studien pro und kontra. Den Ausschlag geben zwei Faktoren: Wie weit wird das Produkt transportiert, bei über 200 Kilometern macht Plastik durch geringeres Gewicht die Vorteile des Glases wett. Und: Wie oft ist die Verpackung im Umlauf, erst nach etwa sechs Mal dreht Glas ins Positive.
Auch gesetzlich stößt Mehrweg auf Hürden: Sich Käse und Wurst an der Bedienungstheke in selbst mitgebrachte Mehrwegboxen füllen zu lassen wird bei Rewe in Deutschland getestet, in Österreich sei das wegen hygienischer Bedenken des Gesundheitsministeriums unmöglich.
Und optimal verpacken – auch in Plastik – kann sogar Müll sparen. „Gut verpackt sind Lebensmittel länger haltbar und vermeiden Verderb und Wegwerfen“, sagt Huber-Humer. In einer Studie der Boku werde das gerade erhoben. Die ARA legte vor zwei Jahren dazu Zahlen vor: So bringe etwa Käse in Plastikschale mit Deckel zwar mehr Verpackungsmüll, mit 0,14 Prozent aber weit weniger Verderb als an der Frischetheke (5 Prozent).