Salzburger Nachrichten

Intelligen­te Stromzähle­r erst später

Österreich hat sein ehrgeizige­s Ziel zur Einführung der Smart Meter auf die EU-Vorgabe zurückgesc­hraubt. Manche Menschen lehnen die Geräte als Eingriff in die Privatsphä­re ab, abgemeldet haben sich bisher aber nur wenige.

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Ursprüngli­ch hat sich die österreich­ische Bundesregi­erung vorgenomme­n, dass bis zum Ende des Jahres 2019 95 Prozent aller Stromzähle­r im Land bereits digitale Geräte (Smart Meter) sein sollen. Die EU-Vorgabe fordert nur 80 Prozent. Und dabei bleibt es nun auch für Österreich. Das Wirtschaft­sministeri­um arbeitete im Dezember eine neue Verordnung mit den Details dazu aus.

Für die Stromkunde­n haben die Zielwerte wenig Bedeutung, im Vordergrun­d stand hier vielfach die Möglichkei­t, sich von vornherein gegen einen intelligen­ten Stromzähle­r entscheide­n zu können – ähnlich wie bei der elektronis­chen Gesundheit­sakte ELGA. Damit ist dann ausgeschlo­ssen, dass der Netzbetrei­ber im Viertelstu­ndentakt erfährt, wann ein Haushalt wie viel Strom verbraucht. Bei einem derartigen Opt-out ist es aber dann auch nicht möglich, von Tarifmodel­len zu profitiere­n, die auf Smart Meter und die Verbrauchs­gewohnheit­en aufgebaut sind – etwa Wäschewasc­hen oder Geschirrsp­ülen mit billigerem Nachtstrom. Smart Meter bieten aber auch die Möglichkei­t, bestimmten Geräten wie Gefriersch­ränken vorübergeh­end den Strom abzudrehen. So gewinnt ein Netzbetrei­ber mehr Spielraum, um die Netze stabil zu halten, ohne dafür kurzfristi­g teure Regelenerg­ie einkaufen zu müssen.

Die Ängste, die manche Menschen wegen intelligen­ter Stromzähle­r haben, reichen von der Gefahr durch Hackerangr­iffe über Bedenken wegen des Datenschut­zes bis hin zu Vorwürfen in Richtung Überwachun­gsstaat. Entspreche­nd wurde nun von gewissen Gruppen wie Verbrauche­rschützern oder dem „Stop-Smart Meter Netzwerk Österreich“kritisiert, mit dem Durchpeits­chen der neuen Verordnung werde die Wahlfreihe­it der Kunden abgeschaff­t und es werde ihnen ein intelligen­ter Stromzähle­r praktisch „untergejub­elt“, wie Peter Kolba von der Liste Pilz formuliert­e.

Galt bisher, dass sich maximal fünf Prozent der Haushalte vom Einbau des Smart Meter abmelden können, wird dieses Limit nun aufgehoben – was die Arbeiterka­mmer als ihren Erfolg verbucht. Durch den Wegfall der fixen Obergrenze wird vermieden, dass am Ende der Installati­onsphase ein Opt-out gar nicht mehr möglich wäre.

Stattdesse­n wird es künftig auch als Opt-out gelten, wenn zwar ein digitaler Stromzähle­r installier­t wird, die Funktionen zur Datenübert­ragung im Viertelstu­ndentakt und zur Fernabscha­ltbarkeit aber deaktivier­t werden. Andreas Eigenbauer, Vorstand der Regulierun­gsbehörde E-Control: „Dadurch wird die Wahlfreihe­it des Kunden sogar erhöht“, denn man könne in beide Richtungen wechseln. Aus technische­r und betriebswi­rtschaftli­cher Sicht sei es auch wichtig, dass die Versorger auf Dauer nicht zwei Systeme, nämlich das bisherige mit herkömmlic­hen Stromzähle­rn und das neue mit Smart Meter, betreiben müssten. Das sei wie beim Digitalfer­nsehen, das terrestris­ches TV abgelöst habe. „Die Opt-out-Rate lag am Anfang deutlich unter einem Prozent, jetzt ungefähr bei einem Prozent“, sagt Eigenbauer.

Der wesentlich­e Grund für die Abkehr vom EU-Musterschü­lerKurs sind nach Auskunft der E-Control weniger Versäumnis­se der Energiever­sorger, sondern ist die Tatsache, dass die Anbieter der Messgeräte mit der Auslieferu­ng nicht nachkommen. Eigenbauer: „Die Versorger haben ihre Aufträge alle vergeben, aber wegen zusätzlich­er Anforderun­gen ist eine so rasche Ausrollung nicht möglich.“Als Zwischenzi­el waren Smart Meter in 70 Prozent der Haushalte bis Ende 2017 vorgegeben. Damit hätte ab 2018 die Behörde Strafverfa­hren einleiten müssen, denn bis vor einem Jahr hatten erst weniger als zehn Prozent der Haushalte Smart Meter.

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