Wehret den Anfängen
Wäre es jemandem ein Anliegen, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gefährden und daraus resultierende Gewaltdelikte zu schüren, gäbe es ein – historisch bereits gut ausgearbeitetes und bewährtes – Rezept.
Man nehme eine bereits marginalisierte Gruppe. Man isoliere sie und verhindere dadurch gesellschaftlichen Austausch und Kommunikation. Dann nehme man dieser Gruppe existenzielle Lebensgrundlagen und beraube sie persönlicher und beruflicher Perspektiven. Das Ergebnis garniere man mit permanenten Schuldzuweisungen, negativen Zuschreibungen und kollektiven Kränkungen. Das vorliegende Regierungsprogramm und die begleitende verbale Ausschmückung ihrer Inhalte ist eine äußerst gelungene Ausführung dieser Rezeptur. Nun kann man nur mutmaßen, ob den Mitgliedern dieser Bundesregierung diese Mechanismen einfach nur unbekannt sind oder ob sie sich bewusst auf diese Dynamik einlassen, mit dem Wissen, dass gespaltene Gesellschaften und daraus resultierende Gewaltdelikte extremistische Positionen stärken. Im ersten Fall wäre es zumindest nicht sehr schmeichelhaft für das Ausmaß an sozial- und gesellschaftspolitischer Kompetenz dieser Bundesregierung. Sollte – und manche Wortmeldungen in den vergangenen Tagen zeugen davon, dass diese Befürchtung nicht sehr weit hergeholt ist – die zweite Annahme auch nur ansatzweise zutreffen, ist es kein Euphemismus, historische Vergleiche zu bemühen und von „Wehret den Anfängen“zu sprechen. Hans Peter Graß