Salzburger Nachrichten

Danke, Robert Weitbrecht!

- Martin Behr

ICHbin kein Digital Native. Da steckt jetzt keine Koketterie dahinter, das ist einfach die Wahrheit. Ich gehöre aber auch nicht der Generation Rechenschi­eber an. Mein erster Taschenrec­hner erfüllte mich mit Stolz. Er beherrscht­e neben den Grundrechn­ungsarten gerade mal die Prozentrec­hnung und Wurzelzieh­en, kostete aber fast 1200 Schilling. Und das war damals in den späteren 1970er-Jahren richtig viel Geld. Später jubilierte ich, als ich eine knallrote elektrisch­e Schreibmas­chine mit einzeilige­m Display bedienen durfte. Worauf mein Konsum von Tipp-Ex (für Spätgebore­ne: eine Flüssigkei­t zum Überdecken von Tippfehler­n beim Schreiben mit der klassische­n Schreibmas­chine) drastisch zurückging. Dafür waren die Preise für das Faxen von Manuskript­seiten stattlich. Die Post verrechnet­e für das Versenden zweier Seiten 70 (!) Schilling. Im Versuch, Nachrichte­n schneller zu übermittel­n, wurde ich alsbald mit einer Erfindung beglückt: dem Akustikkop­pler.

Das Ding sah so aus, also wollte ein Clown mit einem Riesentele­fonhörer telefonier­en. Die Innovation von Robert Weitbrecht ermöglicht­e die Übertragun­g von digitalen Daten über eine analoge Teilnehmer­anschlussl­eitung. Frühe Akustikkop­plerbesitz­er – also ich – genossen fast schon Starruhm. Wenn etwa an der Theke eines weststeiri­schen Gasthauses der Telefonhör­er in den Akustikkop­pler eingespann­t und ein Text pfeifend und tütend von Voitsberg nach Salzburg übermittel­t wurde, lief sogar der Koch aus der Küche und quittierte diese technische Neuerung mit einem kernigen Ausruf der Bewunderun­g: „Boahlous!“Die Kellnerin lud mich auf den Kleinen Braunen ein. Danke nachträgli­ch, Herr Weitbrecht!

Weiter in der Rubrik „Großvater berichtet aus der Kommunikat­ionssteinz­eit“: Unsere Familie besaß lediglich ein Vierteltel­efon. Will heißen: Wir teilten uns den Anschluss mit drei anderen Haushalten, in denen offenbar Vieltelefo­nierer lebten. Insbesonde­re abends war es fast unmöglich, eine Freileitun­g zu bekommen. Das Internet lernte ich Mitte der 1990er-Jahre kennen. Auf der Ars Electronic­a. Ich war skeptisch. E-Mails würden sich nicht durchsetze­n, prognostiz­ierte ich. Eine Karriere als Hellseher kann ich getrost vergessen.

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