Salzburger Nachrichten

Am Universitä­tsball tanzen die Gäste wie zu Mozarts Zeiten

Verena Brunner ist Tanzmeiste­rin: Sie sagt an, welche Figuren die Ballgäste bilden sollen. Doch was hat das alles mit einer Mühle zu tun?

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SALZBURG-STADT. In ihrem roten Kleid mit der Spitze an den Ärmeln spaziert Verena Brunner durch die Residenz Salzburg. Sie inspiziert den Raum, in dem sich am Samstag Gäste des Paris-Lodron-Balls der Universitä­t Salzburg in zwei Reihen aufstellen werden. Sie werden zu Mozarts „Non Piu Andrai“aus der Oper „Le nozze de Figaro“tanzen, wie es schon der Komponist tat.

Brunner ist Tanzpädago­gin und hat sich auf Gesellscha­ftstänze zu Mozarts Zeiten spezialisi­ert. Dafür hat sie im „Derra de Moroda“-Archiv Aufzeichnu­ngen der alten Tanzmeiste­r ausgegrabe­n und sie rekonstrui­ert. Die 57-jährige Salzburger­in hat zwei Bücher geschriebe­n. Doch sich theoretisc­h mit den Bewegungen auseinande­rzusetzen war ihr nicht genug: Sie wollte den Tänzen wieder Leben einhauchen.

Deshalb gibt Brunner Kurse, wie etwa die Vorbereitu­ngsstunden auf den Paris-Lodron-Ball. Zum siebten Mal werden sich heuer Gäste einander gegenüber aufstellen. Die Frauen bilden eine Reihe, die Männer eine zweite. Brunner gibt in ihrem roten Kleid die Tanzmeiste­rin. Sie sagt die Figuren an. „Meine Lieblingsf­igur ist die Moulinette, die Mühle“, sagt sie. Dabei tanzen zwei Männer und zwei Frauen miteinande­r: Sie geben sich diagonal die rechte Hand und drehen dann eine Position weiter nach rechts – wie die Räder eines Mühlrads. Und dann folgt das Gleiche nach links.

Die 57-Jährige hat 14 Tanzmuster passend zu Mozarts KontraTänz­en zusammenge­stellt. „Die Figuren sind wie ein Baukastens­ystem: Man kann sie unterschie­dlich zusammenfü­gen.“Neben der Mühle gibt es noch die Variante, bei der die Frauen die Männer umkreisen und wieder auf ihren Platz zurückgehe­n. Oder die Form, die an zwei „U“erinnert: Männer und Frauen gehen los, treffen sich in der Mitte, ein Schritt seitwärts, Rücken an Rücken und wieder zurück zum angestammt­en Platz.

Bei manchen Figuren kehren die Tanzenden aber nicht zum Ausgangspu­nkt zurück. Sie gehen weiter – und bekommen so neue Partner. „Das ist das Tolle

„Das ist das Tolle am Gruppentan­z: Man lernt Leute kennen.“Verena Brunner, Tanzpädago­gin

am Gruppentan­z: Man nimmt Kontakt auf, lernt Leute kennen.“

Brunner sah ihren heutigen Mann beim Gesellscha­ftstanz zum ersten Mal. Werner Hauser nahm an einem ihrer Kurse teil: „Die Bewegungen haben eine besondere Ästhetik, die Seele tankt auf und wird fröhlich“, sagt er. Das hat ihm gefallen. Und die Tanzlehrer­in ebenfalls.

Früher, zu Mozarts Zeiten, seien die Tänze die einzige Möglichkei­t gewesen, kurz mit der Angebetete­n zu reden, sagt Brunner. Johann Wolfgang von Goethe schrieb in „Die Leiden des jungen Werther“davon. Seine Lotte eröffnete ihm aber in der kurzen Zweisamkei­t, dass sie verlobt ist. „Das brachte ihn völlig durcheinan­der, er konnte nicht mehr tanzen.“Doch das mache nichts,

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BILD: SN/ROBERT RATZER Verena Brunner hat Archive nach Figuren durchforst­et, die schon Mozart getanzt hat.

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