Die neue Art der Entschleunigung – drosseln, wo immer es geht
Wieder einmal hat der Computerkonzern Apple die Nase vorn. Er zeigt, dass es sich auszahlt, ab und zu Tempo rauszunehmen.
Wir erinnern uns, alles begann mit VW. Dort hatten schlaue Ingenieure die geniale Idee, eine Software einzubauen, mit der sich der Ausstoß der Schadstoffe drosseln ließ. Blöd war nur, dass die US-Behörden dahinterkamen und bei den Strafen war es dann vorbei mit dem Drosseln, da wurde Vollgas gegeben. Aber die Idee des Drosselns ist damit nicht zu Grabe getragen worden. Im Gegenteil, sie erfreut sich allseits großer Beliebtheit – gewissermaßen als neue Form der Entschleunigung, nach der in der Wirtschaft neuerdings so viele streben.
Ein Vorzeigeunternehmen in dieser Hinsicht ist der Computerkonzern Apple. Der steht ja eigentlich für Tempo – in der Innovation, in der Präsentation neuer Produkte, die ihre Anhänger so sehr begeistern, dass sie sich stundenlang dafür anstellen. Man kann das schon als einen Beitrag Apples zur Entschleunigung einer Gesellschaft sehen, in der viele das Tempo, das vorgegeben wird, nicht halten können.
Aber damit lässt es Apple nicht bewenden. Angesichts der Debatte, ob die Menschen mit dem, was ihnen ihre iPhones und iPads in Sekundenschnelle liefern, nicht überfordert sind, hat man reagiert und Anleihe bei den Autobauern genommen. Mittels eines Softwareupdates wurde sozusagen eine virtuelle Drosselklappe eingebaut, die die Geräte langsamer macht. Das tue man nur, um altersschwache Batterien zu schonen und zu verhindern, dass sich Smartphones von allein abschalten, beteuert Apple.
So viel Fürsorge ist rührend. Aber weil ein gewinnorientiertes Unternehmen allein vom Drosseln nicht gut leben kann, muss es ab und zu auch in die Gegenrichtung gehen. Italien will gegen Apple und seinen schärfsten Konkurrenten Samsung vorgehen. Man wirft den Konzernen vor, bewusst Teile einzubauen, die schnell verschleißen und so die Abnutzung der Geräte beschleunigen. Apple sagt, man wolle die Lebensdauer verlängern, nicht verkürzen.
Apropos verkürzen. Diese Woche kündigte Apple die bisher größte Drossel-Aktion an, es geht um die Steuer auf Gewinne, die der Konzern im Ausland gemacht hat. Apple-Chef Tim Cook will bis zu 250 Mrd. Dollar in die USA zurückholen und die Amnestie nützen. Demnach werden Auslandsgewinne einmalig mit 8 bis 15,5 Prozent besteuert, zudem wird der normale Steuersatz für Unternehmensgewinne von 35 auf 21 Prozent gesenkt. Apple liefert 38 Mrd. Dollar an den Fiskus ab, spart sich laut Experten aber eine ähnlich hohe Summe. Präsident Donald Trump wird das freuen, er kann es als Erfolg seiner Steuerreform verbuchen. Apple sollte sich im Wechsel zwischen Drosseln und Beschleunigen aber der Newton’schen Erkenntnis besinnen. Anders als bei der Steuer kommt man an der Schwerkraft nicht vorbei, auch der schönste Apfel fällt irgendwann zu Boden.