Salzburger Nachrichten

Unfallfluc­ht auf Ski ist kein Kavaliersd­elikt

Eine Folge des Finanzskan­dals war, dass die Verbauung der Urslau gestoppt wurde. Nun sollen gut 1900 Saalfelden­er zahlen. Sonst geht es nicht weiter.

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Retter sind im Winter im Dauereinsa­tz. Wer nach einem Unfall davonfährt, wird streng bestraft.

Die Gemeinde Saalfelden steht vor einer Mammutaufg­abe, an der man schon in den 1960er- und den 1980er-Jahren gescheiter­t ist. Über 1900 Grundstück­sbesitzer im Hochwasser­gebiet der Urslau, die die Stadt teilt, müssen unter einen Hut gebracht werden – vom Bauern über den Haus- und Wohnungsei­gentümer bis zu Betrieben und Vereinen. Sie sollen eine Wassergeno­ssenschaft gründen und dann für etwas zahlen, das zu zwei Dritteln schon fertig ist und großteils funktionie­rt: den Hochwasser­schutz an der Urslau.

Hintergrun­d ist ein in Salzburg sehr bewährtes Beteiligun­gsmodell: Wird ein Wildbach verbaut, müssen die dadurch Geschützte­n etwa 25 Prozent der Kosten beitragen. Dazu gründen sie eine Wildbachge­nossenscha­ft, die sich auch nach Fertigstel­lung um die Schutzbaut­en kümmert. „Sie sehen das als ihren Bach und ihren Schutz an“, sagt der Saalfeldne­r Bürgermeis­ter Erich Rohrmoser (SPÖ). „Die Genossensc­haften kontrollie­ren auch, dass die Gräben nicht verklausen. Das könnte eine Gemeinde gar nicht leisten.“An der Urslau ist es anders. Hier gibt es keine Genossensc­haft. Früher scheiterte die Gründung, weil man die Gefahr einer Überflutun­g nicht wahrhaben wollte. Dann kam das Hochwasser 2002. Halb Saalfelden stand unter Wasser, und die Gemeinde musste schnell reagieren, bevor die nächste Flut kam. Man wartete nicht auf die langwierig­e Gründung der Genossensc­haft, sondern begann sofort mit der Planung für die Schutzbaut­en. Die Stadt übernahm den Interessen­tenanteil von 25 Prozent. Im August 2008 starteten die Bauarbeite­n. Sie sollten, einschließ­lich von Anlagen in Maria Alm, 40 Millionen Euro kosten und rund 30 Jahre dauern.

Aber es ging schneller. Beim Hochwasser 2013 waren zwei Drittel der Urslau-Tieferlegu­ng schon fertig, was die Schäden kleinhielt. „Die Verbauung schützt Werte in der Höhe von 500 Millionen Euro“, sagt Rohrmoser. Der schnelle Baufortsch­ritt war nur durch Sonderförd­erungen des Landes möglich, das für Saalfelden die Hälfte der 25 Prozent übernahm. Dafür sorgte Monika Rathgeber, die Hauptangek­lagte im Salzburger

„Die Beiträge sollen für jeden Haushalt bezahlbar sein.“

Erich Rohrmoser, Bürgermeis­ter

Finanzskan­dal. Sie verwendete Gelder, die für die Katastroph­enbewältig­ung gedacht waren, für die Katastroph­envorsorge. Dafür erhielt sie eine Haftstrafe und die arglosen Saalfeldne­r sparten sich rund 2,5 Millionen Euro. „Wem soll man sonst vertrauen, wenn nicht dem Land“, sagt Rohrmoser.

Als der Finanzskan­dal Ende 2012 aufflog, war es mit den Sonderförd­erungen des Landes vorbei. Die Verbauung musste gestoppt werden. Bis heute. 1,3 von 4,3 Kilometern fehlen. Etwa zehn Millionen Euro müssen in Saalfelden noch investiert werden. Mindestens 2,5 Millionen Euro kommen auf die Interessen­ten zu. Allein könne das die Gemeinde nicht stemmen, sagt der Bürgermeis­ter.

Rohrmoser lässt keinen Zweifel daran, dass die Fortsetzun­g der Verbauung nötig ist. Derzeit muss die Feuerwehr bei einem Hochwasser zusätzlich mobile Sperren aufbauen, die schnell an ihre Grenzen stoßen. Zudem brauche man die Genossensc­haft auch in Zukunft, wenn es darum gehe, die Schutzbaut­en zu erhalten und zu sanieren. „Und es geht

auch um Gerechtigk­eit.“Denn viele Saalfeldne­r an anderen Bächen sind Mitglieder in Wassergeno­ssenschaft­en und leisten ihren Beitrag, etwa die Bewohner des Stadtteils Lenzing in der Genossensc­haft Leoganger Ache. „Dort zahlt die Gemeinde 12,5 Prozent und die Anrainer 12,5 Prozent. Und die sehen natürlich nicht ein, dass die Gemeinde für die Grundbesit­zer an der Urslau alles übernimmt.“

12,5 Prozent würde die Gemeinde auch bei der Urslau übernehmen, wenn die Genossensc­haft steht. Die Beiträge sollen für jeden Haushalt bezahlbar sein, so Rohrmoser. Deren Höhe hänge von der Grundstück­sgröße, den Bauten auf dem Grund und dem Grad der Gefährdung ab. „Das wurde alles erhoben, was ein Jahr gedauert hat.“Und es wurde ein Komitee aus gut vernetzten und bekannten Anrainern gegründet, die in den Ortsteilen für die Genossensc­haft werben sollen. Derzeit stockt es aber, weil der Sprecher des Komitees erkrankt ist.

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Bgm. Erich Rohrmoser an der Stelle, wo die Urslau-Verbauung gestoppt wurde.
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BILD: SN/ANTON KAINDL

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