Unfallflucht auf Skipisten ist kein Kavaliersdelikt
Wer selbst einen Unfall auf einer Skipiste verursacht und davonfährt, muss mit strengen Strafen rechnen – Haft inklusive. Gleiches gilt für alle, die Unfallopfern nicht helfen.
In Österreich macht sich im Schnitt jeder fünfte Skifahrer, der auf der Piste einen Unfall verursacht, aus dem Staub. Was meist nicht bedacht wird: Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt. Wer sich so seiner Verantwortung entzieht, muss im schlimmsten Fall mit einer mehrjährigen Haftstrafe rechnen. Ähnliches gilt für all jene, die einem Unfallopfer keine Hilfe leisten. Dabei spielt keine Rolle, ob sie den Unfall verursacht haben oder nicht.
Auf Österreichs Skipisten gelten, ähnlich der Straßenverkehrsordnung (StVO), genaue Regeln. Es sind dies vor allem die allgemeinen Verhaltensregeln des Internationalen Ski-Verbandes (FIS) für Skifahrer und Snowboarder, die sogenannten FIS-Regeln.
Die FIS-Regel 9. bestimmt zum Beispiel, dass bei Unfällen jeder Skifahrer zur Hilfeleistung verpflichtet ist, unabhängig davon, ob er den Unfall verursacht hat. Hilfeleistung bedeutet bei einem Unfall, zunächst die Unfallstelle abzusichern, Erste Hilfe zu leisten und den Rettungsdienst zu verständigen.
Im Falle eines Unfalls muss überdies gemäß FIS-Regel 10. jeder Skifahrer, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, seine Personalien angeben und sich so für die zivil- und strafrechtliche Aufarbeitung des Unfallgeschehens als Zeuge zur Verfügung stellen.
Die FIS-Regeln sind ebenso wie der vom Österreichischen Kuratorium für Sicherung vor Berggefahren erarbeitete Pistenordnungsentwurf (die sogenannten POE-Regeln) zwar keine gültigen Rechtsnormen – sie sind aber als Zusammenfassung der Sorgfaltspflichten, die bei der Ausübung des alpinen Skisports im Interesse aller Beteiligten zu beachten sind, bei der zivil- und strafrechtlichen Beurteilung von Sach- verhalten wichtig. Wer den FIS-Regeln zuwiderhandelt, verhält sich schuldhaft und macht sich strafbzw. haftbar. Die FIS erwartet, dass Unfallflucht ebenso geahndet wird wie im Straßenverkehr.
Zur Unfallflucht finden sich zudem im Strafgesetzbuch zwei Deliktstatbestände, und zwar das Imstichlassen eines Verletzten und die Unterlassung der Hilfeleistung.
Das heißt: Wer denjenigen, dessen Verletzung er am Körper, selbst wenn dies nicht widerrechtlich erfolgte, verursacht hat, im Stich lässt und ihm nicht die erforderliche Hilfe leistet, kann je nach Sachlage mit Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden.
Doch nicht nur der Unfallverursacher, sondern auch unbeteiligte Dritte können sich unter bestimmten Umständen strafbar machen, nämlich dann, wenn sie an einer Unfallstelle nicht die erforderliche Hilfe leisten (Strafdrohung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe). So wurde etwa ein Skitourengeher strafrechtlich verfolgt, der sich nach einem Lawinenabgang weigerte, den Einsatzkräften bei der Suche nach einem Verschütteten zu helfen.
Verschuldet man einen Unfall, durch den ein anderer zu Schaden kommt, sind dessen Ansprüche aus Schmerzensgeld, Verdienstentgang und dergleichen mehr in den meisten Fällen durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt. Die Angst vor Ansprüchen des Unfallgegners muss also niemanden zur Unfallflucht verleiten.
Besonders bei Alkoholdelikten kennen die Strafrichter kein Pardon. Wer sich alkoholisiert auf die Piste wagt, schafft dadurch eine besondere Gefahrenlage für andere. Der Strafrahmen für Alkoholdelikte ist deshalb empfindlich hoch.