Schnelle Hilfe auf der Piste: Einsatz für Martin 1
In der Hochsaison stehen die Hubschrauber der Flugretter kaum still. Für die Crew ist kaum ein Einsatz wie der andere.
ST. JOHANN. Es ist ein Einsatz, wie ihn Notarzt Wolfgang Schweiger nur ein, zwei Mal pro Jahr erlebt. Als das Team des Rettungshubschraubers Martin 1 zum Unfallort im Skigebiet von Mühlbach kommt, werden die Retter von einem Kollegen empfangen: Ein anderer Notarzt des HelikopterStützpunkts St. Johann war privat auf der Piste unterwegs, als eine Frau schwer stürzte. Jetzt kann er seinen Kollegen bereits genau sagen, was der 54-Jährigen fehlt.
Unter dem Dröhnen der Rotoren erfährt Notarzt Wolfgang Schweiger, dass die Frau eine kurze Erinnerungslücke hat, aber sonst bis auf ein blaues Auge unverletzt ist. Zur Behandlung der Gehirnerschütterung fliegen die Retter die Frau in das Spital nach Schwarzach. Rund eine halbe Stunde nach dem Abflug landet der Hubschrauber wieder am Stützpunkt. Das sei fast Rekordzeit, sagt Wolfgang Schweiger.
„Sonst nehmen wir uns am Unfallort mehr Zeit. Wir schalten den Motor des Hubschraubers ab, um den Patienten besser untersuchen zu können. In diesem Fall hat das aber bereits der Kollege übernommen.“Die Crew des Rettungshubschraubers ist froh, wenn sie bei einem Einsatz Zeit hereinholen kann. Am Samstag war Anreisetag in den Skigebieten. Jetzt, am Sonntag, sind die Quartiere belegt und die Pisten überall stark frequentiert. Die beiden Hubschrauber des Stützpunkts in St. Johann waren schon am Samstag ab dem späten Vor- mittag durchgehend unterwegs gewesen: Sieben Einsätze hatten die beiden Hubschrauber des Flugunternehmers Roy Knaus, der die Flugrettung im Auftrag des Roten Kreuzes in St. Johann betreibt.
Als am Sonntag zehn Minuten nach dem ersten Flug der Alarm erneut ertönt, ist der zweite Helikopter bereits in der Luft. Im Sommer reicht an dem Stützpunkt ein Rettungshubschrauber. In der Wintersaison sind dort zwei Helikopter im Einsatz. So können die vielen zusätzlichen Einsätze durch den Wintersport bewältigt werden. Am Spitzentag des Vorjahrs stiegen die Hubschrauber elf Mal auf.
Diesmal geht der Flug nach Annaberg. Die Leitstelle meldet eine Armverletzung. Als Pilot Martin Amrain den Hubschrauber an der Bischofsmütze vorbeisteuert, nimmt Flugretter Wolfgang Schweiger Kontakt mit der Pistenrettung auf. Jedes Skigebiet muss sich um den Abtransport von Verletzten kümmern. In Annaberg sind zwei Bergretter damit beauftragt. Der Pilot findet die Stelle rasch: Die Skigebiete haben nummerierte Landepunkte für die Hubschrauber. Die Pistenretter haben den Verletzten zwar zwischen zwei Punkten versorgt.
„Die Möglichkeiten der Flugrettung sind vielfältig.“Wolfgang Schweiger, Notarzt
Als sie die Nummern per Funk durchgeben, kann die Crew die Stelle aber rasch sehen.
Notarzt Wolfgang Schweiger stellt schnell fest: Ein junger Sportler aus Tschechien hat sich den Oberarm gebrochen. Schwieriger als die Diagnose ist die Verständigung. Der Verletzte spricht weder Deutsch noch Englisch, sein Begleiter kann zumindest
ein paar Brocken Deutsch. Vor dem Abtransport verabreicht der Notarzt ein Schmerzmittel. „Das ist, wie wenn man zu viel Alkohol erwischt“, sagt er zum Begleiter.
Als das Mittel im Blut ist, beginnt der Verletzte zu sprechen. Der Begleiter schmunzelt angesichts der Worte: Das Schmerzmittel wirkt bereits. Bergretter und Hubschrauber-Crew tragen die Liege gemeinsam zum Helikopter, dann geht es erneut nach Schwarzach ins Spital.
Um 14 Uhr ist Zeit für ein spätes Mittagessen. Notarzt Wolfgang Schweiger erzählt vom spektakulärsten Einsatz des Vortags: Ein Tourengeher hatte sich am Knöchel verletzt. Die Stelle, an der er gerettet wurde, lag über einem Steilhang. Dort sah es gefährlich nach Lawine aus. Der Mann war rasch geborgen. „Die Möglichkeiten der Flugrettung sind so vielfältig“, sagt Schweiger. „Es ist schon toll, dass wir hier so ein System haben.“