Sein Spezial-Klavier verleiht Daniel Barenboim Flügel
SALZBURG. Was hat Daniel Barenboim nicht alles erreicht in seinen mittlerweile 75 Lebensjahren: vom Klavier-Wunderkind zum Pult-Kosmopolit mit wachsendem politischen Engagement. Als Chefdirigent von Linden-Oper und Berliner Staatskapelle prägt er die Musikszene an der Spree, mit seinem West-Eastern Divan Orchestra zeigt er auf musikalischem Weg die Möglichkeit des Miteinanders zwischen Israelis und Palästinensern.
Im Spätherbst seiner Karriere entdeckt Barenboim wieder das Klavier für sich. Das hat durchaus Gründe. Ein belgischer Klavierbauer fertigte eine SteinwaySpezialkonstruktion an, die dem Meister auf den Leib geschneidert ist. Die Tasten sollen einen Millimeter schmaler als üblich sein und damit Barenboims nicht allzu großen Händen entgegenkommen. Die Saiten sind nicht diagonal, sondern parallel montiert – wie im 19. Jahrhundert. Das verspricht nicht nur mehr Transparenz, sondern auch Klangfarbmischungen wie vor 150 Jahren. Barenboim nimmt plötzlich wieder Solo-Klavierliteratur auf und geht mit seinem Schmuckstück auf Tour.
Auch das Salzburger Mozartwochen-Publikum kam am Montag in den Genuss eines Solistenkonzerts. Barenboim widmete sich – wie auch auf seiner neuen CD-Einspielung für die Deutsche Grammophon – zum 100. Todestag von Claude Debussy voll und ganz der Musik des großen Impressionisten.
Der Große Saal des Mozarteums wurde verdunkelt und in mattes Farblicht getaucht, damit sich Hörer und Interpret ganz in das erste Heft der „Préludes“versenken konnten. Dass der feingeistige Intellektuelle die zwölf Miniaturen zu einer großen Erzählung formen kann, überraschte nicht. Sein technisches Können in virtuosen Passagen hingegen schon. Hochkonzentriert steuerte Barenboim auf die zwei kontemplativen Inseln des Zyklus zu: „La Fille aux cheveux de lin“hatte noch mit Handy-Lärm und zwei elektroakustisch verwirrten Hörgeräten zu kämpfen. Barenboim musste zwei Mal neu ansetzen. „Des Pas sur la neige“schließlich wurde zu einer ins Extrem gedehnten und mit hauchzartem Anschlag geflüsterten Grenzerfahrung.
Diese intensive Spannung erreichte der zweite Konzertteil nicht mehr. Im ersten der drei „Estampes“schichtete Barenboim die Klangfarben noch wunderbar trennscharf, doch immer öfter – etwa in der ersten „Arabesque“– lösten sich Harmonien im Laissez-faire des PedalWeichzeichners auf. Der Gesamteindruck bleibt jedoch ungetrübt: Daniel Barenboim hat als Pianist zu alter Stärke zurückgefunden. Mit einem lyrisch schillernden „Clair de lune“als Encore entließ er das Publikum wieder ins Sonnenlicht.