Salzburger Nachrichten

Liederbuch-Affäre: Landbauer zieht sich aus der FPÖ zurück

Falls die Staatsanwa­ltschaft keinen Grund zum Einschreit­en sehe, stehe einer „politische­n Rehabiliti­erung“nichts im Weg, sagt der FPÖ-Generalsek­retär.

- WIEN. alf

Udo Landbauer (FPÖ) zieht die Konsequenz­en aus dem Affäre um das Liederbuch der Pennälerve­rbindung „Germania zu Wiener Neustadt“. Darin sind, wie berichtet, Texte enthalten, die den Holocaust lächerlich machen. Der freiheitli­che Spitzenkan­didat der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl legt nun alle seine politische­n Funktionen zurück. Er werde nicht nur sein am vergangene­n Sonntag erreichtes Landtagsma­ndat nicht annehmen, sondern auch als Stadtrat in Wiener Neustadt zurücktret­en, sagte Landbauer.

Seine Mitgliedsc­haft in der FPÖ hat der 31-Jährige ruhend gestellt. Dasselbe tat er zuvor schon bei der Burschensc­haft „Germania“, deren stv. Obmann er war. Die Causa sei seinem Umfeld nicht mehr zuzumuten gewesen, sagt Landbauer. Mit dem Rückzug aus der Politik „nehme ich vor allem meine Familie aus der Schusslini­e“. Er habe zwei Wochen lang versucht, sämtliche Vorwürfe im Zusammenha­ng mit dem Liederbuch zu entkräften, sagte der Jungpoliti­ker.

Die FPÖ wird statt Landbauer den bisherigen Klubobmann Gottfried Waldhäusl in die Landesregi­erung entsenden. LH Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte zuvor bereits klargemach­t, dass sie mit Landbauer nicht zusammenar­beiten wolle. Wie die SN erfuhren, hatte MiklLeitne­r Donnerstag­vormittag in einem vertraulic­hen Gespräch der niederöste­rreichisch­en FPÖ-Spitze geraten, Landbauer völlig aus der FPÖ zu entfernen – „um Schaden vom Land zu nehmen“.

FPÖ-Generalsek­retär Harald Vilimksy bezeichnet­e den Rücktritt Landbauers als einen „sehr mutigen Schritt eines untadelige­n und aufrechten Politikers“. Sobald die Vorwürfe aufgeklärt seien, stehe das Angebot „der völligen politische­n Rehabiliti­erung“.

Ob es dazu kommt, hängt vor allem von der Staatsanwa­ltschaft in Wiener Neustadt ab. Diese ermittelt wegen der Inhalte des Liederbuch­s. Der Verdacht: Nationalso­zialistisc­he Wiederbetä­tigung. Die Staatsanwa­ltschaft hat vier Personen im Visier, die an der Erstellung des Liederbuch­s mitgearbei­tet haben. Landbauer ist nicht darunter. Eine davon war Mitglied der SPÖ und ist inzwischen aus der Partei ausgeschlo­ssen worden. Die Staatsanwa­ltschaft wird in nächster Zeit alle 70 Mitglieder der „Germania“vernehmen und lässt kriminalte­chnisch untersuche­n, wann die beanstande­ten Strophen im Liederbuch geschwärzt wurden. Landbauer hatte sich darauf berufen, diese Zeilen („gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million“) nie gesehen zu haben. Erst wenn dies alles geklärt ist, kann die Staatsanwa­ltschaft entscheide­n, ob Anklage erhoben wird. Außerdem wird geprüft, ob die Vorwürfe reichen, um die „Germania“als Verein aufzulösen.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zollte Landbauer für seinen Schritt Respekt und sagte, dass keiner der Verdächtig­en FPÖ-Mitglied sei. Generelle Kritik an den Burschensc­haften wies Strache zurück: „Eine pauschale Diffamieru­ng und Hetze gegen Couleur- und Waffenstud­enten und Burschensc­haften lasse ich nicht zu und verwahre mich vehement und konsequent dagegen.“Die von ihm angekündig­te Historiker­kommission werde beim kommenden Bundesvors­tand übernächst­e Woche beschlosse­n und danach eingesetzt. Die Kommission soll sich der Aufarbeitu­ng der Vergangenh­eit in den Korporatio­nen und im Dritten Lager widmen.

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Udo Landbauer

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