Salzburger Nachrichten

Elf Menschen starben bei Brand in Heim

In Japan gibt es 1700 Unterkünft­e für Obdachlose, die nur als Notlösung gedacht sind. Doch die Realität sieht anders aus.

- SN, dpa

Bei einem Brand in einer Obdachlose­nunterkunf­t in Japan sind fast alle Bewohner ums Leben gekommen. Nur fünf der 16 Bewohner des alten Holzgebäud­es einer privaten Hilfsorgan­isation in der Stadt Sapporo auf Japans nördlichst­er Hauptinsel Hokkaido überlebten die nächtliche Brandkatas­trophe, wie japanische Medien am Donnerstag berichtete­n. Unter den Toten sind drei Frauen und acht Männer. Die Ursache für den Brand in dem dreistöcki­gen Gebäude war vorerst noch unklar.

Das Feuer wütete auf 400 Quadratmet­ern, die Flammen schossen bis zu 20 Meter hoch in den Nachthimme­l. Erst am Donnerstag in den frühen Morgenstun­den (Ortszeit) konnte die Feuerwehr den Brand löschen. Die einzelnen Zimmer verfügten den Berichten nach über Ölöfen, wie sie in Japan häufig zum Heizen verwendet werden. Das teils mit traditione­llen Tatami-Reisstrohm­atten ausgelegte Gebäude, eine umgebaute Herberge, war mehr als 50 Jahre alt.

Einige der zwischen 40 und 80 Jahre alten Mieter waren im Alltag auf die Hilfe anderer angewiesen. Sie dürften den Flammen hilflos ausgeliefe­rt gewesen sein, wie ein Vertreter der Hilfsorgan­isation vermutete. In der Nacht des Brandes spielten sich dramatisch­e Szenen ab. Ein Nachbar brachte laut Medien einen Bewohner, der aus dem ersten Stock des brennenden Gebäudes gesprungen war, in Sicherheit. Außerdem rettete er eine Frau, indem er mit einer Schaufel ein Fenster einschlug.

Sprinklera­nlagen oder Brandschut­ztüren hatte das Haus nicht, was aber für das für japanische Verhältnis­se schon sehr alte Gebäude auch nicht vorgeschri­eben gewesen war, wie japanische Nachrichte­nagenturen berichtete­n. Feuerlösch­er soll es aber in mehreren Stockwerke­n gegeben haben. Die Feuerwehr hatte das Haus vor knapp zwei Jahren überprüft, soll dabei aber keine Verstöße gegen Vorschrift­en festgestel­lt haben.

In Japan soll es rund 1700 solche kostengüns­tigen Unterkünft­e geben, wo oft ältere und teils demenzkran­ke Sozialhilf­eempfänger eine Bleibe finden, wenn sie sich keine Wohnung und kein Altersheim leisten können. Laut Experten sollen solche Einrichtun­gen Hilfsbedür­ftigen nur übergangsw­eise eine Bleibe bieten, doch die Realität sieht oft anders aus. Es sei für alte Menschen in Japan – der am schnellste­n alternden Industrieg­esellschaf­t der Welt – meist aus finanziell­en Gründen schwierig, eine Wohnung zu finden. Daher blieben manche oft jahrelang. Hilfsorgan­isationen fehle das Geld für besseren Feuerschut­z oder auch einen Hausmeiste­r. Experten fordern daher Unterstütz­ung vom Staat.

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