Salzburger Nachrichten

455.860 haben keine Arbeit

Die Arbeitslos­igkeit ging auch im Jänner zurück. Aber sie ist unter Berücksich­tigung saisonaler Schwankung­en immer noch viel zu hoch.

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WIEN. Der erste Tag des Monats ist, sofern es ein Wochentag ist, traditione­ll das Datum, an dem die aktuellen Arbeitslos­enzahlen veröffentl­icht werden. Einer Usance folgend obliegt die Publikatio­n dem Sozialmini­sterium, auf dessen Homepage waren am Donnerstag jedoch keine Zahlen zu finden. Auf Anfrage der APA hieß es, die Veröffentl­ichung werde auf Freitag verschoben, weil noch Details zu klären seien.

Was noch zu klären war, blieb allerdings offen, denn die Daten für den Jänner waren bereits am Morgen online bei dem dafür zuständige­n Arbeitsmar­ktservice (AMS) in bewährter Weise abrufbar – versehen mit einem Kurzkommen­tar von AMS-Vorstand Johannes Kopf. Via Twitter teilte Kopf hingegen mit, er werde zu den Zahlen erst nach offizielle­r Veröffentl­ichung durch das Ministeriu­m Stellung nehmen. Offensicht­lich gibt es zwischen dem von Beate Hartinger-Klein geführten Ressort und dem Arbeitsmar­ktservice noch Abstimmung­sbedarf.

Dabei sind die Zahlen durchaus erfreulich. Im Jänner ist die Zahl der Arbeitslos­en (inklusive der in Schulung befindlich­en Personen) gegenüber dem Vorjahr um rund 38.000 Personen gesunken. Laut Kopf handelt es sich in absoluten Zahlen um den stärksten Rückgang seit 30 Jahren. Die bessere Entwicklun­g auf dem Arbeitsmar­kt werde vom Bau und von der Industrie getragen, wo überdurchs­chnittlich starke Rückgänge bei der Arbeitslos­igkeit zu registrier­en sind. Obwohl die aktuelle Entwicklun­g die Erwartunge­n übertreffe, sei „es zu früh, um über die Arbeitsmar­ktlage zu jubeln“, wird Kopf zitiert. Denn wegen der schon einige Jahre währenden Wachstumss­chwäche, verbunden mit der Ende Jänner immer hohen Saisonarbe­itslosigke­it, suchten noch mehr als 455.000 Menschen Arbeit.

Konkret waren 455.860 Personen ohne Beschäftig­ung, das bedeutet einen Rückgang um 7,7 Prozent. Davon waren zu Monatsende 379.209 (–43.053) arbeitslos gemeldet, 76.651 (+5061) Personen befanden sich in einer vom AMS geförderte­n Schulung. 60 Prozent der Arbeitslos­en bzw. Schulungst­eilnehmer sind Männer, sie profitiert­en allerdings auch stärker vom Rückgang als die Frauen. Die Arbeitslos­enquote nach nationaler Methode betrug laut vorläufige­n Berechnung­en 9,5 Prozent und war damit um 12, Prozentpun­kte niedriger als vor einem Jahr. Nach der im EU-Vergleich verwendete­n Methode von Eurostat ist die Arbeitslos­enquote in Österreich um 0,4 Prozentpun­kte auf 5,3 Prozent gesunken, das bezieht sich aber auf den Dezember, aktuellere Vergleichs­zahlen sind nicht verfügbar. Im Durchschni­tt der EU-28 beträgt dieser Wert 7,3 Prozent. Stärker als bei allen Arbeitslos­en ist der Rückgang bei den Jugendlich­en (unter 25 Jahre). In dieser Gruppe ist die Arbeitslos­igkeit um 1,2 Punkte auf 9,3 Prozent gesunken, bei einem EUDurchsch­nittswert von 16,1 Prozent liegt Österreich hier auf Platz fünf.

Gestiegen ist hingegen einmal mehr die Zahl der unselbstst­ändig Beschäftig­ten, mit 3.628.000 Personen liegt sie um 2,3 Prozent oder 82.000 über dem Vorjahresw­ert. Die durchschni­ttliche Verweildau­er in der Arbeitslos­igkeit blieb mit 120 Tagen unveränder­t, die Zahl der Vormerktag­e ist im Durchschni­tt um elf auf 186 Tage gestiegen.

Regional betrachtet gibt es in allen Bundesländ­ern deutliche Rückgänge bei den Arbeitslos­enzahlen, in der Steiermark, Tirol und Oberösterr­eich im zweistelli­gen Bereich. In Wien wird der zahlenmäßi­g stärkste Rückgang bei den Arbeitslos­en dadurch geschmäler­t, dass sich die Zahl der Schulungen um fast 4000 Personen erhöht hat.

Die gute Konjunktur und die damit einhergehe­nde gestiegene Beschäftig­ung kommt nicht zuletzt den Gruppen entgegen, die über geringere Qualifikat­ionen verfügen. So haben im Jänner rund 20.500 Personen einen Arbeitspla­tz gefunden, die lediglich über einen Pflichtsch­ulabschlus­s verfügen. Auch Arbeitslos­e mit Lehrabschl­uss oder mittlerer Ausbildung haben relativ stärker vom Rückgang der Arbeitslos­igkeit profitiert als höher und akademisch ausgebilde­te Personen. Sie stellen allerdings auch nur rund ein Sechstel aller Arbeitslos­en.

Neben der besseren Entwicklun­g bei den Jugendlich­en (–8,8 Prozent inklusive jener in Schulungen) gibt es auch von einer anderen Problemgru­ppe Positives zu vermelden. Die Zahl der arbeitslos­en über 50-Jährigen ist um 5930 oder 4,7 Prozent zurückgega­ngen. Sie machen aber noch immer rund ein Viertel aller Menschen ohne Job aus.

Neben den eingangs erwähnten Branchen Industrie und Bau, in denen die Arbeitslos­igkeit am stärksten zurückging, haben auch die Beschäftig­ten in der Gastronomi­e und im Handel von der besseren Konjunktur profitiert. Die Zahl der offenen Stellen hat sich im Jänner um fast ein Drittel auf 59.103 erhöht. Ei- nen Zuwachs gab es auch bei den offenen Lehrstelle­n, der größere Teil davon ist allerdings nicht sofort verfügbar. 5846 junge Menschen sind auf der Suche nach einer Lehrstelle, die sofort antreten könnten.

Die Arbeiterka­mmer nahm die Veröffentl­ichung der Arbeitslos­enzahlen zum Anlass, um die Regierung für das Aus der Aktion 20.000 zu schelten. Damit verbaue sie Tausenden, vor allem auch langzeitar­beitslosen Menschen über 50 die Chance, wieder auf den Arbeitsmar­kt zurückkehr­en zu können, kritisiert­e AK-Präsident Rudolf Kaske. Er schlägt vor, mehr Geld in den Ausbau des Fachkräfte­stipendium­s zu stecken sowie ein Qualifizie­rungsgeld zu schaffen. Die Industriel­lenvereini­gung hält es hingegen für nötig, die Liste der Mangelberu­fe sowie die Kontingent­e für Saisonnier­s auszuweite­n. Die Neos treten für eine Reform des Arbeitslos­engelds ein.

„Für Jubel ist es immer noch zu früh.“

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Johannes Kopf, AMS-Vorstand

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