Wienwert hat Antrag auf Insolvenz gestellt
Insolvente Holding hat Gesamtverbindlichkeiten von 55 Millionen Euro. Anleihegläubiger zwischen Hoffnung auf 20 Prozent – und Totalausfall.
Die Serie größerer Insolvenzfälle, die seit Wochen das Wirtschaftsgeschehen in Österreich erschüttert, geht weiter. Nach der Airline Niki, der Wäschefirma Wozabal, dem Autozubehörhändler Forstinger und dem Büromöbelhersteller Svoboda war es am Donnerstag die Holdinggesellschaft der Immobilienfirma Wienwert, die einen Insolvenzantrag gestellt hat.
Konkret hat die WW Holding AG am Handelsgericht Wien den Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung gestellt. Das Unternehmen soll fortgeführt werden, den 850 bis 900 Gläubigern wird eine Quote von 20 Prozent binnen zwei Jahren in Aussicht gestellt. Die Bestellung eines Masseverwalters soll in Kürze erfolgen.
Aktiva von 18,83 Millionen Euro stehen Passiva von 55,36 Millionen Euro gegenüber, einschließlich besicherter Gläubigerforderungen in Höhe von rund 35 Millionen. Im schlechtesten Fall könnte den Anleihegläubigern jedoch auch ein Totalausfall drohen. Betroffene Mitarbeiter gibt es de facto keine – abgesehen von Vorstandsdirektor Stefan Gruze. Wienwert war seit ihrer Gründung wiederholt durch großteils weit über dem Marktdurchschnitt liegende Verzinsungen von 5 Prozent aufwärts aufgefallen. Schon die erste Wienwert-Anleihe kam 2009 mit einer Verzinsung von 8,5 Prozent auf den Markt. Weil Wienwert ihre mehr als 20 Emissionen im Eigenvertrieb auf den Markt brachte und somit auf professionelle Ausgabekanäle verzichtete, seien der Finanzmarktaufsicht FMA die Hände gebunden gewesen, argumentiert die Behörde. Denn das Wertpapieraufsichtsgesetz MiFID wäre nur bei der Ausgabe über marktübliche Vertriebsschienen anwendbar gewesen.
Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform nennt drei Ursachen für die Insolvenz: Zum einen sei die Geschäftsentwicklung der Tochter- und Projektgesellschaften unter den Planzahlen geblieben. Zweitens wurden Forderungen nicht fristgerecht einbringlich gemacht. Dazu kommt noch ein Ermittlungsverfahren gegen die Tochtergesellschaft Wienwert AG sowie gegen zwei Gründer der WW Holding AG. Dieser letzte Punkt – im November erfolgte eine entsprechende Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) – war ein Grund dafür, dass Wienwert keine weiteren Anleihen emittieren konnte – somit fiel auch eine positive Fortbestehensprognose weg.
Die 2008 gegründete WW Holding ist die Holding- und Finanzierungsgesellschaft ihrer Tochter Wienwert AG, an der sie 99,99 Prozent der Anteile hält. Die Gesellschaft konzentrierte sich auf den Wiener Markt. Zunächst wurden Vorsorgewohnungen in Altbauten verkauft. Mitte 2016 verordnete der neue Vorstand Stefan Gruze dem Unternehmen eine neue Strategie: Wienwert begann sich komplett aus dem Altbaugeschäft zurückzuziehen und konzentrierte sich auf günstigere Mietwohnungen.
Etliche Punkte sind noch aufklärungswürdig, etwa die tatsächlichen Verbindungen mit der Stadt Wien, die Gruze stets in Abrede gestellt hat. Zudem streiten die Gründer Niko Bakirzoglu und Wolfgang Sedelmayer mit Gruze um Millionen.