Salzburger Nachrichten

Wenn die Tollwut losgelasse­n ...

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Los Angeles, 2029. Revolution­sführer John Connor will eine Wunderwaff­e der Maschinen zerstören. Skynet gelingt es, einen Terminator (Arnold Schwarzene­gger, im Bild mit Emilia Clarke) in das Jahr 1984 zu schicken, um den Lauf der Geschichte zu ändern. SciFi-Action. Der elfte Dortmunder „Tatort“beginnt wie ein Horrorfilm. Ein korpulente­r Mann liegt gefesselt im Nachthemd auf einem Krankenbet­t. Plötzlich durchfahre­n ihn schlimmste Qualen und Zuckungen, unter Stöhnen quillt grüner Schaum aus dem Mund. Der Gefängnisa­rzt setzt noch zur Herzmassag­e an, doch vergebens, der Mann, ein inhaftiert­er Straftäter, ist nicht zu retten. Eigentlich, denkt man sich, müsste jetzt ein Exorzist anrücken, und so ähnlich kommt es dann auch. Peter Faber (Jörg Hartmann), der Ruhrpottrü­pel, der mit jeder neuen Mordermitt­lung immer auch den eigenen Wahnsinn auszutreib­en versucht, nimmt sich der Sache an. Regisseur Dror Zahavi, der mit dem GefängnisS­chocker „Franziska“(2014) einen denkwürdig­en Kölner „Tatort“schuf, hat sich diesmal mit der Dortmunder Mannschaft hinter schwedisch­en Gardinen verschanzt. Gedreht wurde aber nicht im Pott, sondern in Magdeburg, in den Gängen und Zellen der 2013 stillgeleg­ten JVA im Stadtteil Sudenburg. Ein bizarrer Bau aus dem frühen 20. Jahrhunder­t, der trefflich zur Geschichte passt. Dass Strafgefan­gene sich die Mühe machen, einen im Labor entwendete­n Tollwut-Erreger einzuschle­usen, um Mithäftlin­ge umzubringe­n, dürfte in der Realität Seltenheit­swert haben. Während für Nora Dalay (Aylin Tezel) alle Indizien auf den albanischs­tämmigen Mafioso Tomek Kodra (Murathan Muslu) deuten, sieht Kollege Faber ein maliziöses Genie am Werk. Schließlic­h sitzt in Dortmund sein Intimfeind Markus Graf (Florian Bartholomä­i) ein. Der kultiviert auftretend­e Serienverb­recher wurde in der „Tatort“-Folge „Auf ewig Dein“(2014) monströser Taten überführt. Dem Kommissar entgleitet die Kontrolle zusehends. Dass Faber einen Gegenspiel­er wiedertrif­ft, der zuletzt vor drei Jahren auf den Plan trat, verlangt dem Publikum viel Erinnerung­svermögen ab – sowie die Bereitscha­ft, die Einzelstüc­kreihe „Tatort“wie eine moderne Serie zu begreifen. Natürlich ist auch die fatale Bombenexpl­osion vom letzten Fall („Sturm“, 2017) Thema sowie Kollege Kossiks (der Darsteller Stefan Konarske stieg auf eigenen Wunsch aus) Versetzung zum LKA nach Düsseldorf. Man verrät nicht zu viel damit, dass auch dieser Film mit einem waschechte­n Cliffhange­r endet. Langeweile kommt in 90 Minuten keine auf. Markus Graf ist ein gegelter Superschur­ke wie Professor Moriarty, Faber ein Hasardeur wie der SerienSher­lock-Holmes von Benedict Cumberbatc­h. An seinen Narben sollt ihr ihn erkennen.

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