Salzburger Nachrichten

Gemeinden erhalten Schonfrist für die neue Buchhaltun­g

Alle Gemeinden müssen ihr Budget für 2020 nach neuen Regeln erstellen. Was ist eigentlich ein Sitzplatz in einer Schulklass­e wert?

- Bisher arbeiteten die THOMAS AUINGER KARIN PORTENKIRC­HNER H. Hundsberge­r, Gemeindeau­fsicht

mit der Voranschla­gs- und Rechnungsa­bschlussve­rordnung (VRV) 2015 die Grundlage für die neue Buchhaltun­g geschaffen. Nun wurden Änderungen kundgemach­t, die unter anderem das Inkrafttre­ten 2020 festlegen.

Gemeinden mit einer einfachen Buchhaltun­g (Kameralist­ik), welche Ein- und Auszahlung­en erfasst, nun mit der Doppik. Genau genommen ist es eine Dreistufen­rechnung nach „doppischen“Grundsätze­n: mit Vermögens-, Finanz- und Ergebnisre­chnung. SALZBURG. Die Neue Mittelschu­le in St. Johann im Pongau hat per Ende 2017 einen Vermögensw­ert von 9.933.379 Euro und 38 Cent. Das hat Nina Burgstalle­r von der Finanzverw­altung der Bezirkshau­ptstadt nach bestimmten Bewertungs­kriterien ermittelt.

Ja und? Will die Gemeinde ihre Schule verkaufen? Nein, natürlich nicht. Den Wert braucht St. Johann für seine neue Eröffnungs­bilanz. Das ist die Voraussetz­ung für die neue, vom Bund vorgeschri­ebene doppelte Buchhaltun­g. Dann wird feststehen, wie „reich“die Gemeinde ist

Der Aufwand ist sehr groß. Die Gemeinden haben noch eine Schonfrist. Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern sollten ursprüngli­ch bereits heuer ihr Budget für 2019 nach den neuen Regeln erstellen. Nach einer Novelle wird es nun erst 2020 so weit sein – und zwar für alle Gemeinden, große und kleine.

Die Stadt Salzburg etwa besitzt 3681 Liegenscha­ften, genutzt als Parks und Grünanlage­n, bebaut mit öffentlich­en Gebäuden, Straßen, Radwegen oder Gehsteigen. Dazu kommen 383 Kilometer Abwasserka­näle, Wohn- und Geschäftsg­ebäude sowie die Seniorenwo­hnhäuser. Eigentlich müssten die Gemeinden alles, was ihnen gehört, erfassen: jeden Schreibtis­ch, jeden Sessel in jeder Schulklass­e und das Besteck der Schulküche­n. Da gibt es aber Erleichter­ungen. „Die Gemeinden können Vermögensg­egenstände mit einem inhaltlich­en Zusammenha­ng gemeinsam bewerten“, erklärt Heinz Hundsberge­r, Chef der Gemeindeau­fsicht des Landes. Es gibt Unternehme­n, die den Gemeinden für die Bewertung „Werkzeuge“, Kataloge, Software und Referenzwe­rte aus unterschie­dlichen Gemeinden anbieten. Als Beispiele für Referenzwe­rte nennt die St. Johanner Buchhalter­in 290 Euro netto pro Sitzplatz in einer Unterricht­sklasse und 50 Euro pro Garderoben­platz. Eine Direktion kommt auf 6620 Euro.

St. Johann sieht sich gut vorbereite­t. „Unsere Gemeinde hat die Hausaufgab­en gemacht, wir haben die Daten für die Eröffnungs­bilanz und könnten jederzeit umstellen“, sagt der Bürgermeis­ter und Salzburger Gemeindeve­rbandspräs­ident Günther Mitterer (ÖVP). Auch Grödig zum Beispiel ist ein besonders aktiver Vorreiter.

Die Neuregelun­g ist in den vergangene­n Jahren auf viel Kritik unter Betroffene­n gestoßen. Aber über Sinn und Unsinn will Mitterer jetzt nicht mehr diskutiere­n. Es helfe nicht, zu lamentiere­n. „Der Zug ist abgefahren. Es ist ganz wichtig, dass wir das positiv angehen. Wir müssen das schaffen und ich bin überzeugt, dass wir es – bei allen Schwierigk­eiten – schaffen.“Freilich werde es eine Knochenarb­eit.

Manche Ortschefs befürchten, dass ihre Gemeinde künftig „zu reich gerechnet wird“und schwerer an Förderunge­n gelangen könnte. Der Experte von der Gemeindeau­fsicht beruhigt: „Wir wissen, wo wir die relevanten Kennzahlen herauslese­n können. Das wird sich nicht so stark verändern. Aus jetziger Sicht ist die Befürchtun­g nicht begründet“, so Hundsberge­r. Auch Salzburgs „Oberbürger­meister“Mitterer geht nicht davon aus, dass es Probleme mit Förderunge­n geben wird. Es werde zu einer transparen­ten Darstellun­g kommen.

Noch schwer abzuschätz­en

„Es ist ganz wichtig, dass wir das positiv angehen.“ „Wir sind hier alle noch Lernende. Es gibt keine Erfahrungs­werte.“

sind die Kosten, die auf jede einzelne Gemeinde zukommen. Gerade kleinere Kommunen, die zum Teil nur einige wenige Bedienstet­e haben, werden sich Dienstleis­tungsfirme­n, wie Steuerbera­tern, bedienen müssen.

Die Aufsicht beim Land rät den

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Günther Mitterer, Bürgermeis­ter

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