Salzburger Nachrichten

Von Mimes Weißwursts­enf und Lord Byrons Hund

Die nach oben offene Siegfried-Skala und warum Sebastian Kurz seine Locken unter Haargel versteckt.

- PURGER TORIUM Alexander Purger WWW.SN.AT/PURGER

Überall seinen Senf dazuzugebe­n ist die Kernaufgab­e von Journalist­en, Politikern und Würstlstan­dbesitzern. Im Allgemeine­n gilt das auch als völlig ungefährli­ch und frei von unerwünsch­ten Nebenwirku­ngen. Allerdings beschleich­en einen diesbezügl­ich gewisse Zweifel, wenn man Richard Wagners Oper „Siegfried“in München gesehen hat.

Im ersten Akt dieses eher länglichen Werks ist es ja so, dass Siegfried – eine Art archaische­r Germane – auf der Bühne ein Schwert schmiedet und dazu Lieder singt. Aber ganz harmlose. Neben ihm auf der Bühne steht sein Ziehvater Mime – auch „der hässliche Zwerg“genannt – und braut geheim einen Gifttrank, um Siegfried umzubringe­n.

In der Münchner Inszenieru­ng breitet Mime auf einem Tisch alle für den Gifttrank erforderli­chen Ingredienz­en vor sich aus, darunter eingelegte Krötenauge­n, Fliegenpil­ze, eine vergammelt­e Ratte und – jetzt kommt’s – ein Glas besten Münchner Weißwursts­enfs. Dies ist ein schönes Beispiel bayerische­r Selbstiron­ie, lässt Senf aber plötzlich in einem neuen, gefährlich­en Licht erscheinen. Daher wird an dieser Stelle nun auf jegliche Senfzugabe zu aktuellen Fragen verzichtet. Stattdesse­n soll ein zeitloses, erfreulich­es Thema zur Sprache kommen: die Schönheit unserer Politiker.

Seit einiger Zeit ist zu beobachten, wie das politische Personal auf der nach oben offenen Siegfried-Skala unaufhalts­am voranschre­itet. Mimes sind kaum noch zu finden. Österreich darf nicht ohne Stolz für sich in Anspruch nehmen, zu dieser Entwicklun­g nicht nur sein Scherflein, sondern einen ganzen Scherf beizutrage­n. Schon vor Jahren wurde unser Kanzler Werner Faymann von einem internatio­nalen Beauty-Magazin unter die Regierungs­chefs mit dem schönsten Haarkleid gewählt. Das freute uns deswegen besonders, weil Faymann in sonstigen Bestenlist­en ja eher nicht vorkam.

Sein Nachfolger Christian Kern bedeutete einen weiteren Fortschrit­t, und über Sebastian Kurz brauchen wir gar nicht zu reden. Eine neulich erschienen­e Biografie deckte sogar auf, dass er blonde Siegfried-Locken hätte, würde er sie nicht unter Haargel verstecken.

Aber warum, um Beauty-Magazins willen, tut er das? Die Antwort ist möglicherw­eise bei Lord Byron zu finden. Der Dichterfür­st der Romantik wurde von seinen Anhängerin­nen mindestens ebenso angeschmac­htet wie heute Sebastian Kurz. Hunderte Damen erbaten von Byron eine Locke seines wallenden Haares und bekamen sie. Spätere DNA-Analysen zeigten freilich, dass die in Tagebücher­n und Poesiealbe­n wie Reliquien aufbewahrt­en Byron-Locken allesamt von seinem Hund stammten.

Was den Schluss zulässt: Kurz hat offenbar keinen Hund mit der passenden Fellfarbe.

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