Von Mimes Weißwurstsenf und Lord Byrons Hund
Die nach oben offene Siegfried-Skala und warum Sebastian Kurz seine Locken unter Haargel versteckt.
Überall seinen Senf dazuzugeben ist die Kernaufgabe von Journalisten, Politikern und Würstlstandbesitzern. Im Allgemeinen gilt das auch als völlig ungefährlich und frei von unerwünschten Nebenwirkungen. Allerdings beschleichen einen diesbezüglich gewisse Zweifel, wenn man Richard Wagners Oper „Siegfried“in München gesehen hat.
Im ersten Akt dieses eher länglichen Werks ist es ja so, dass Siegfried – eine Art archaischer Germane – auf der Bühne ein Schwert schmiedet und dazu Lieder singt. Aber ganz harmlose. Neben ihm auf der Bühne steht sein Ziehvater Mime – auch „der hässliche Zwerg“genannt – und braut geheim einen Gifttrank, um Siegfried umzubringen.
In der Münchner Inszenierung breitet Mime auf einem Tisch alle für den Gifttrank erforderlichen Ingredienzen vor sich aus, darunter eingelegte Krötenaugen, Fliegenpilze, eine vergammelte Ratte und – jetzt kommt’s – ein Glas besten Münchner Weißwurstsenfs. Dies ist ein schönes Beispiel bayerischer Selbstironie, lässt Senf aber plötzlich in einem neuen, gefährlichen Licht erscheinen. Daher wird an dieser Stelle nun auf jegliche Senfzugabe zu aktuellen Fragen verzichtet. Stattdessen soll ein zeitloses, erfreuliches Thema zur Sprache kommen: die Schönheit unserer Politiker.
Seit einiger Zeit ist zu beobachten, wie das politische Personal auf der nach oben offenen Siegfried-Skala unaufhaltsam voranschreitet. Mimes sind kaum noch zu finden. Österreich darf nicht ohne Stolz für sich in Anspruch nehmen, zu dieser Entwicklung nicht nur sein Scherflein, sondern einen ganzen Scherf beizutragen. Schon vor Jahren wurde unser Kanzler Werner Faymann von einem internationalen Beauty-Magazin unter die Regierungschefs mit dem schönsten Haarkleid gewählt. Das freute uns deswegen besonders, weil Faymann in sonstigen Bestenlisten ja eher nicht vorkam.
Sein Nachfolger Christian Kern bedeutete einen weiteren Fortschritt, und über Sebastian Kurz brauchen wir gar nicht zu reden. Eine neulich erschienene Biografie deckte sogar auf, dass er blonde Siegfried-Locken hätte, würde er sie nicht unter Haargel verstecken.
Aber warum, um Beauty-Magazins willen, tut er das? Die Antwort ist möglicherweise bei Lord Byron zu finden. Der Dichterfürst der Romantik wurde von seinen Anhängerinnen mindestens ebenso angeschmachtet wie heute Sebastian Kurz. Hunderte Damen erbaten von Byron eine Locke seines wallenden Haares und bekamen sie. Spätere DNA-Analysen zeigten freilich, dass die in Tagebüchern und Poesiealben wie Reliquien aufbewahrten Byron-Locken allesamt von seinem Hund stammten.
Was den Schluss zulässt: Kurz hat offenbar keinen Hund mit der passenden Fellfarbe.