SPD zwingt Schulz zu Amtsverzicht
Der einstige Hoffnungsträger ist endgültig gescheitert. Er hofft, mit seinem Rücktritt den Streit in seiner Partei zu beenden.
BERLIN. Kurz nur lief es gut mit Martin Schulz’ deutscher Karriere. Vor etwas mehr als einem Jahr wurde der Quereinsteiger aus Brüssel mit sensationellen 100 Prozent zum SPD-Chef gewählt und wenig später zum Hoffnungsträger gehypt, als die SPD endlich wieder bessere Umfragewerte erzielte.
Doch Schulz machte zwei gravierende Fehler, als er nach der Bundestagswahl im September eine Große Koalition genauso kategorisch ausschloss wie ein Ministeramt. „Ganz klar. In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht eintreten.“Beide Zusagen hat er gebrochen, was den innerparteilichen Druck so sehr anwachsen ließ, dass Schulz schließlich Freitagmittag entnervt das Handtuch warf. Zuvor hatte ihm die Parteiführung ein Ultimatum gesetzt. Man befürchtete, dass die Basis aus Unzufriedenheit mit Schulz’ Wortbruch dem Koalitionsvertrag nicht zustimmen würde. In den vergangenen Tagen hatten immer mehr in der SPD vor einem Glaubwürdigkeitsverlust gewarnt. Diese Sorge will die SPD mit dem Amtsverzicht ihres Spitzenkandidaten nun los sein. Für ihn sei es „von höchster Bedeutung, dass die Mitglieder der SPD beim Mitgliedervotum für diesen Vertrag stimmen“, betonte er. Dies sei durch die Diskussion um seine Person gefährdet. „Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind.“Mit dieser Entscheidung entsprach Schulz laut einer Forsa-Umfrage dem Wunsch von 60 Prozent der SPD-Mitglieder. Fraktions- und designierte Parteichefin Andrea Nahles attestierte ihm „beachtliche menschliche Größe“. Der Druck auf Schulz war vor allem aus seinem eigenen Landesverband Nordrhein-Westfalen gekommen, dem größten Landesverband. Bereits am Donnerstag hatte Noch-Außenminister Sigmar Gabriel Schulz attackiert und ihm Wortbruch vorgeworfen. Angeblich hat Schulz ihm vor einem Jahr versprochen, im Falle einer Großen Koalition Außenminister bleiben zu können. Gabriel hatte sich beklagt, „wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt“.
Gabriel hatte 2017 zugunsten von Schulz auf das Amt des Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten verzichtet. Damals galten beide noch als Freunde. Später aber machte Gabriel immer wieder deutlich, dass er Schulz doch nicht für den optimalen Kandidaten hielt. Im Gegenzug wurde er von Schulz nicht für ein Ministeramt berücksichtigt.
Bereits am Mittwoch hatte Schulz seinen Verzicht auf den Parteivorsitz angekündigt und Nahles als Nachfolgerin vorgeschlagen. Die hatte ihn bei den Koalitionsverhandlungen immer wieder aus misslichen Lagen herausgepaukt. Und am Sonderparteitag hatte sie die mitreißende Rede gehalten, die man von Schulz erwartet hätte.