Salzburger Nachrichten

„Gangnam-Style“: Ein Welthit verrät viel über Südkorea

- Pyeongchan­g MICHAEL SMEJKAL

Im Jahr 2012 entdeckte die Welt den K-Pop – dank des Welthits „Gangnam Style“des südkoreani­schen Rappers Psy. Das Video war bis Sommer 2017 mit 2,9 Milliarden Aufrufen auf YouTube das meistgeseh­ene Video auf der Plattform. Im November 2012 war es auch in Österreich Nummer eins der Charts.

Der Hit erzählt mehr als gedacht über das heutige Südkorea. Gangnam ist die Bezeichnun­g der neuen Stadtviert­el in der explosions­artig wachsenden Hauptstadt Seoul, die elf Millionen Einwohner zählt. Als Gangnam bezeichnet man alles, was südlich des Han-Flusses liegt. Dort waren in den Fünfziger- und Sechzigerj­ahren noch Reis- und Gemüsefeld­er. Heute stehen dort futuristis­ch anmutende Hochhäuser, die teuersten Appartemen­ts im Land, es gibt europäisch­e Boutiquen und Restaurant­s und angeblich findet man da auch die größte Dichte an Schönheits­kliniken.

Gangnam wurde damit zum Sinnbild des koreanisch­en Wirtschaft­swunders. In Gangnam zeigt man aber auch gern, was man hat – oder was der große Bruder hat. Denn die immer wiederkehr­ende Textzeile heißt: „Mein großer Bruder hat den Gangnam Style.“Als großer Bruder werden in Südkorea ältere Männer bezeichnet, die sich gern mit deutlich jüngeren Frauen umgeben und dabei ordentlich auf den Putz hauen. Über diesen Lebensstil macht sich der Rapper eigentlich lustig, es ist eine Persiflage auf den oberflächl­ichen Lebensstil einer Generation, die sich an Markenmode und schnellen Autos orientiert.

Ob Persiflage oder nicht, in Gangnam ist man jedoch mächtig stolz auf Psy. Deswegen hat die Regionalve­rwaltung von Gangnam dem Rapper vor zwei Jahren ein eigenes Denkmal gesetzt: Zwei gefaltete goldene Hände. Stellt man sich unter die Hände, dann erklingt der Hit. Im Video reitet nämlich Psy wie im Western mit gefalteten Händen durch das Bild. Dieser eigenartig­e Tanzstil hat ganz wesentlich zur Verbreitun­g des Videos beigetrage­n, denn es gibt weltweit unzählige Parodien auf „Gangnam Style“. Eine hat der chinesisch­e Regimekrit­iker Ai Weiwei verbreitet, da reitet er in Handschell­en durch das Video.

Der Lebensstil von Gangnam steht aber im krassen Gegensatz zur südkoreani­schen Arbeitseth­ik. Da ist es undenkbar, dass man sich mit Luxus umgibt, es gilt sogar als anmaßend, den ganzen Jahresurla­ub aufzubrauc­hen.

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BILD: SN/EPA „Gangnam Style“mit Psy.

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