Die Philosophie ist vorhanden, die Dichte im Nachwuchs nicht
Die vielerorts kritisierten Skispringer benötigen eine Imagekorrektur. Ein Olympiasieg würde dabei natürlich helfen – und wäre zugleich eine Initialzündung.
Mit Felix Gottwald verbindet mich nicht nur die tief greifende Erfahrung eines Olympiasiegs, sondern auch unser gemeinsames Engagement für die Laureus-Stiftung. Ich schätze ihn sehr, als Sportler und als Mensch, und doch bin ich gegenteiliger Meinung, was seine Kritik an den fehlenden nordischen „Leuchttürmen“im ÖSV und im Skispringen betrifft.
Persönlich sehe ich nämlich insbesondere in Heinz Kuttin eine Führungsperson, die auf Basis von Werten eine Umgangskultur schafft, die für Trainer, Betreuer, Athleten gleichermaßen bestärkend ist, wie es Felix in seiner kürzlich erschienenen SN-Kolumne vermisst hat. Ja, ÖSV-Legenden wie Baldur Preiml oder Toni Innauer haben zweifellos ihre Philosophie im Skiverband verankert und sind damit zu diesen „Leuchttürmen“geworden, aber weshalb sollten wir in ein paar Jahren nicht auch davon sprechen, dass Heinz Kuttin neue Werte geschaffen hat, auf die eine ganze SkisprungGeneration aufbauen kann? Ob das gelingt, kann niemand voraussagen.
Fakt ist, dass die Skispringer im vergangenen Jahr eine der erfolgreichsten Saisonen der ÖSV-Geschichte hingelegt haben. Stefan Kraft wurde Doppelweltmeister, Gesamtweltcupsieger und hat einen neuen Skiflug-Weltrekord aufgestellt. Fakt ist auch, dass es vermessen wäre zu erwarten, diese Erfolge in dieser Saison zu wiederholen. Ein Grund dafür ist sicher die fehlende Dichte im ÖSV-Team. Wenn es bei den Leistungsträgern einmal nicht perfekt läuft, ist aus der zweiten Reihe niemand da, um in die Bresche zu springen.
Das Problem ist dabei weniger eine nicht vorhandene Philosophie der Führungspersonen als vielmehr der fehlende Nachwuchs. Die Nachfrage am Skispringen hat bei den Kindern stark nachgelassen. Das hat eine Vielzahl von Gründen, die meisten sind struktureller Natur. Warum muss beispielsweise ein Kind aus Wien und Umgebung eineinhalb Stunden mit dem Auto fahren, um überhaupt eine Trainingsmöglichkeit vorzufinden? Wieso stecken die Verbände nicht genauso viel Zeit und Geld in Sichtungen für Skispringer wie in den AlpinNachwuchs? Und warum gibt es in einem vom Sprunglauf seit Jahrzehnten geprägten Land wie Österreich im Winter noch immer keine permanente Trainingsschanze?
Zum Glück kann es im Sport blitzschnell auch in die entgegengesetzte Richtung gehen. Erfolge sind der beste Motor dafür. So könnte zum Beispiel ein österreichischer Olympiasieg im Skispringen nicht nur eine Imagekorrektur bewirken, sondern auch eine Initialzündung für den Nachwuchs sein.
Ich drücke die Daumen und bin zuversichtlich. Kurz vor ihrer Abreise nach Südkorea habe ich unser Team noch einmal getroffen. Die Atmosphäre war entspannt und fokussiert, die Vorfreude ist groß. Es war der richtige Schritt, die Weltcupstation in Willingen auszulassen und stattdessen in Villach und Planica zu trainieren, um den richtigen Olympiaspirit aufzubauen – und in Pyeongchang vielleicht selbst zu einem „Leuchtturm“zu werden.