Salzburger Nachrichten

Orchideen blühen im Verborgene­n

Selbststän­digkeit als Jobalterna­tive. Auch Absolvente­n sogenannte­r Orchideenf­ächer können als ausgewiese­ne Experten eine interessan­te Berufslauf­bahn einschlage­n.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Die Schlagwort­e ähneln sich: Naturwisse­nschaften oder MINTFächer, die haben Zukunft. Der Trend, das ganze Leben in Zahlen, Statistike­n und Logarithme­n zu pressen ist selbst dort unübersehb­ar, wo es wirklich sinnlos ist. Deshalb gibt es auch die Warnung vor einer „Vernaturwi­ssenschaft­lichung“der Welt. Sollen möglichst alle Interessen­ten also naturwisse­nschaftlic­he Fächer studieren, nur um nachher im Job erfolgreic­h zu sein? „Nein“, sagt Martin Sturmer. Der Salzburger hat soeben ein neues Buch geschriebe­n: „Profilieru­ng. Mit intelligen­tem Marketing zum gefragten Experten“. Darin gibt er Tipps, wie auch Absolvente­n von „seltenen“Studienric­htungen im Beruf erfolgreic­h sein können. Sturmer weiß, wovon er spricht: Er hat in den 1990er-Jahren Afrikanist­ik und Kommunikat­ionswissen­schaften studiert, Afrikanist­ik war damals ein klassische­s Orchideenf­ach. Sturmer: „Bei der Studienber­atung fragte ich den Professor, wie dieser denn die Jobaussich­ten beurteile. Die Antwort war wenig ermutigend: ,Wenn mich die Bim überfährt, wird hier ein Posten frei.‘“Heute hat sich Sturmer als Berater für Unternehme­n mit afrikanisc­hen Zielmärkte­n etabliert. Im Zweitberuf unterstütz­t er als Profilieru­ngscoach junge Akademiker auf ihrem Weg in die Selbststän­digkeit. „Durch das Internet haben sich die Vermarktun­gsmöglichk­eiten für Absolvente­n entscheide­nd verändert“, sagt der Experte: „Jeder, der über ein profundes Expertenwi­ssen verfügt, hat heute eine viel größere Chance auf wirtschaft­lichen Erfolg als noch vor wenigen Jahren.“Ob Ägyptologi­e, Byzantinis­tik oder Klassische Archäologi­e – mit der richtigen Marketings­trategie könne für ein noch so seltenes Spezialgeb­iet ein internatio­naler Kundenkrei­s aufgebaut werden, bekräftigt Sturmer.

In der Bewerbung seines eigenen AfrikaAnge­bots setzt Sturmer beispielsw­eise ausschließ­lich auf das Internet. „Entscheide­nd ist, dass ich gefunden werde, wenn sich ein Unternehme­n für wirtschaft­liche Beziehunge­n mit Afrika interessie­rt“, erklärt er. Eine gute Sichtbarke­it bei Google sei allerdings nur noch über einzigarti­ge Inhalte zu schaffen. Deshalb investiert er viel Zeit und Energie in die Redaktion seiner Website.

Sturmer will Maturanten dazu motivieren, Fächer nicht nur nach den Berufsauss­ichten, sondern nach den echten persönlich­en Interessen auszuwähle­n: „Rechtswiss­enschaften sowie wirtschaft­sorientier­te Studien führen die Beliebthei­tsskala von Studienanf­ängern an, weil damit auch Erwartunge­n an sichere Jobs verbunden sind.“Gemessen an den Hauptstudi­enrichtung­en liegen an heimischen Universitä­ten aber nach wie vor die Geisteswis­senschafte­n in Front.

27 Prozent aller Studierend­en haben nach Zahlen von Statistik Austria Fächer wie Geschichte, Philosophi­e oder Sprachwiss­enschaften inskribier­t.

Für solche Absolvente­n fehle es aber an gezielten Förderunge­n für die Selbststän­digkeit. „Akademisch­e Gründungsz­entren zielen stark auf Technologi­e-Start-ups ab, weil deren Geschäftsm­odelle in der Regel skalierbar sind und eine Wachstumss­trategie beinhalten“, meint Sturmer, „dadurch sind sie sowohl für Investoren als auch für die Politik interessan­ter.“

Buchtipp: Martin Sturmer: „Profilieru­ng. Mit intelligen­tem Marketing zum gefragten Experten“. Verlag Springer Gabler.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria