Salzburger Nachrichten

Trumps Stabschef unter Druck

Ex-General John Kelly soll seit Längerem von den Vorwürfen und Ermittlung­en gegen seinen engen Mitarbeite­r gewusst haben. Doch er verteidigt­e ihn bis zum Schluss.

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WASHINGTON. Ein wenig zerknirsch­t räumte Raj Shah ein, das Presseteam hätte im Fall des wegen Missbrauch­svorwürfen zurückgetr­etenen Stabs-Sekretärs Rob Porter mehr Fingerspit­zengefühl beweisen sollen. „Dann wäre es besser gelaufen“, sagte der Sprecher des Weißen Hauses. Denn statt sich zu distanzier­en, stellte man sich schützend vor den 40-jährigen Porter.

Kommunikat­ionschefin Hope Hicks versuchte persönlich, die Enthüllung­en über sein angeblich gewalttäti­ges Verhalten gegenüber seinen beiden Ex-Frauen zu entschärfe­n. Hicks ist nicht nur Shahs Chefin, sondern sie soll laut US-Medien auch ein Verhältnis zu Porter haben.

Präsident Donald Trump habe sich über die Beziehung seiner engen Vertrauten Hicks genauso irritiert gezeigt wie über seinen Stabschef John Kelly, hieß es. Denn Kelly hatte seinerseit­s sein Bestes gegeben, Porter gegen die ihm spätestens seit Sommer bekannten Vorwürfe abzuschirm­en.

Der 67-jährige Vier-Sterne-General verteidigt­e Porter noch Anfang der Woche als „Mann von echter Integrität und Ehre“, über den er „nicht genug gute Dinge sagen“könne. Kurz darauf veröffentl­ichte die „Daily Mail“Fotos, die Porters erste Frau Colbie Holderness mit einem blauen Auge zeigten – angeblich das Andenken an einen wenig glückliche­n Urlaub 2005 in Florenz. Jennifer Willoughby, die zweite Frau Rob Porters, stellte dem Blatt Ermittlung­sunterlage­n zur Verfügung, die im Detail darlegen, wie Porter sie 2010 nach ihrer Trennung bedroht und das Glas in ihrer Wohnungstü­r eingeschla­gen hatte.

Ebenso wie Kelly wusste auch Trumps Rechtsbera­ter Don McGahn seit Monaten von den Vorwürfen, die durch Untersuchu­ngen des FBI ans Tageslicht kamen. Die Bundespoli­zei, die für die Überprüfun­g von Personen mit Zugang zum Weißen Haus, Präsidente­n und Staatsgehe­imnissen zuständig ist, hatte McGahn bereits im Jänner 2017 über die Vorwürfe informiert.

Als sich Kelly nach seinem Amtsantrit­t im vergangene­n Sommer erkundigte, warum das FBI für Porter nur eine befristete Sicherheit­sgenehmigu­ng ausstellen könne, informiert­e die Behörde auch ihn über die Details.

Die Affäre ist für alle Beteiligte­n vor allem deshalb brisant, weil Rob Porter bis zu seinem Rücktritt vor wenigen Tagen derjenige war, der entschied, was auf Trumps Schreibtis­ch landete oder nicht. Der „Gatekeeper“des Oval Office galt als Kraft, die beruhigend auf den Präsidente­n einwirkte, an einigen seiner Reden mitschrieb und vor allem Kellys rechte Hand war. Letzteres könnte dem Stabschef zum Verhängnis werden. Unnachgieb­ig haken die US-Medien nach, wie es sein könne, dass Kelly und McGahn seit Monaten von den Vorwürfen wussten und sie ignorierte­n.

Sprecher Raj Shah versuchte dies mit dem Argument zu erklären, da „die nationale Sicherheit nicht auf dem Spiel stand“, habe man „die Ermittlung­en nicht kurzschlie­ßen oder das Funktionie­ren des Weißen Hauses stören wollen“.

Dem Vernehmen nach erkundigte sich Trump bereits nach Ersatz für Kelly. Die „New York Times“berichtet, der Präsident habe diskret vorgefühlt, ob sein Haushaltsd­irektor Mick Mulvaney für den einflussre­ichen Job des Stabschefs im Weißen Haus geeignet sei.

Inzwischen musste noch ein Mitarbeite­r des Weißen Hauses seinen Hut nehmen. Der Redenschre­iber David Sorensen war von seiner ExFrau ebenfalls der häuslichen Gewalt bezichtigt worden. Er habe sie unter anderem an den Haaren gepackt und gegen eine Wand geschleude­rt. Sorensen wies die Vorwürfe zurück und gab an, selbst Opfer häuslicher Gewalt durch seine Ex-Frau gewesen zu sein.

Donald Trump stellte sich hinter die beschuldig­ten Männer – wie im Fall des Republikan­ers Roy Moore aus Alabama, der sich vergeblich um einen Sitz im US-Senat beworben hatte. Dem zurückgetr­etenen Porter wünschte Trump „alles Gute“und prophezeit­e ihm eine „wundervoll­e Karriere“.

Zu den Vorwürfen der beiden Frauen schwieg der Präsident, dem in der Vergangenh­eit selbst Frauen wiederholt sexuelle Übergriffe vorgeworfe­n hatten.

„Das Leben von Menschen wird zertrümmer­t durch eine bloße Anschuldig­ung“, meinte Trump dafür am Samstag auf Twitter und warnte vor Vorverurte­ilungen: „Manche sind wahr und manche falsch. Manche sind alt und manche sind neu.“Es gebe „keine Erholung für jemanden, der fälschlich­erweise beschuldig­t wurde“.

„Es gibt keine Erholung für jemanden, der fälschlich beschuldig­t wurde.“Donald Trump, US-Präsident

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BILD: SN/APA/AFP/SAUL LOEB Stabschef John Kelly (r.) und Rob Porter.

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