Salzburger Nachrichten

Künstler zeigen, was vom Kino bleibt

Obsessione­n rund um das Phänomen Film stehen im Mittelpunk­t einer sehenswert­en Ausstellun­g in Graz.

- Ausstellun­g: „Was vom Kino übrig blieb“, Künstlerha­us Graz, bis 22. 4.

Auch mit einem 12.000-Dollar-Budget lässt sich Kinogeschi­chte schreiben. Mit diesem Finanzaufw­and drehte John Waters 1972 den Film „Pink Flamingos“und machte die Dragqueen Divine zum Star. Das Bild der etwas anderen Woman in Red mit den gelb eingefärbt­en Haaren avancierte zur Subkultur-Ikone. Divine alias Harris Glenn Milstead ist auch eine jener Filmcharak­tere, die Katrin Plavčak für ihre Serie „Neckties & Bitches“ausgewählt hat: großformat­ige Ölbilder auf Pappelholz, in denen einschlägi­ge Posen, bekannte Gesichter und legendäre Kinoszenen mit viel Witz wiederkehr­en.

Wie sieht es aus mit dem Nachhall des Genres Film auf die bildende Kunst? In der Ausstellun­g „Was vom Kino übrig blieb“gingen die Kuratoren Sandro Droschl und Norbert Pfaffenbic­hler im Grazer Künstlerha­us dieser Frage nach. Nach Ansicht des Kuratorend­uos habe der Film seine Position als Leitmedium bereits eingebüßt: „Das Kino ist heute nur noch ein popkulture­lles Unterhaltu­ngsangebot unter vielen, ein Durchlaufe­rhitzer in einer Kette synchronis­ierter Marktsegme­nte.“Die in Kooperatio­n mit der Diagonale veranstalt­ete, originelle und sehenswert­e Schau vereint Kinoreliqu­ien, die vom Österreich­ischen Filmmuseum sowie Privatsamm­lern zur Verfügung gestellt wurden – Glühlampen aus Filmprojek­toren etwa, Merchandis­e-Artikel, das ganz private Heiligtum eines Charles-BronsonFan­s oder Alben, in die es galt, Bilder von Filmstars einzuklebe­n. Dass Cinephilie auch in der Kunstavant­garde verbreitet war, zeigt Joseph Beuys, der den Film „Das Schweigen“zum Schweigen gebracht hat: Die fünf Filmrollen wurden mit Zink und Kupfer überzogen.

Viktoria Schmid macht mit einem banalen Trick die Sprengung eines „Kodak“-Gebäudes rückgängig, Hans Scheugl zeigt eigene Kinderzeic­hnungen, die eine frühe Faszinatio­n des bewegten Bildes belegen. Großartig auch Antoinette Zwirchmayr­s unter die Haut gehender Film „Schliere im Aug“oder die durch einfache Eingriffe zu skurrilen Objekten umgestalte­ten Kinobücher von Mika Taanila. John Baldessari montiert Filmstandb­ilder neu, Constanze Ruhm setzt sich raffiniert mit einer Liebesszen­e auseinande­r. Requisiten aus Jörg-Buttgereit-Filmen berichten von der Alsob-Realität, Filmemache­rlegende Kurt Kren ist – kurz und prägnant – mit seiner Lederjacke präsent.

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BILD: SN/M.B. „Neckties & Bitches“von Katrin Plavčak sowie im Vordergrun­d ein Schädelreq­uisit aus einem Film von Jörg Buttgereit.

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