Künstler zeigen, was vom Kino bleibt
Obsessionen rund um das Phänomen Film stehen im Mittelpunkt einer sehenswerten Ausstellung in Graz.
Auch mit einem 12.000-Dollar-Budget lässt sich Kinogeschichte schreiben. Mit diesem Finanzaufwand drehte John Waters 1972 den Film „Pink Flamingos“und machte die Dragqueen Divine zum Star. Das Bild der etwas anderen Woman in Red mit den gelb eingefärbten Haaren avancierte zur Subkultur-Ikone. Divine alias Harris Glenn Milstead ist auch eine jener Filmcharaktere, die Katrin Plavčak für ihre Serie „Neckties & Bitches“ausgewählt hat: großformatige Ölbilder auf Pappelholz, in denen einschlägige Posen, bekannte Gesichter und legendäre Kinoszenen mit viel Witz wiederkehren.
Wie sieht es aus mit dem Nachhall des Genres Film auf die bildende Kunst? In der Ausstellung „Was vom Kino übrig blieb“gingen die Kuratoren Sandro Droschl und Norbert Pfaffenbichler im Grazer Künstlerhaus dieser Frage nach. Nach Ansicht des Kuratorenduos habe der Film seine Position als Leitmedium bereits eingebüßt: „Das Kino ist heute nur noch ein popkulturelles Unterhaltungsangebot unter vielen, ein Durchlauferhitzer in einer Kette synchronisierter Marktsegmente.“Die in Kooperation mit der Diagonale veranstaltete, originelle und sehenswerte Schau vereint Kinoreliquien, die vom Österreichischen Filmmuseum sowie Privatsammlern zur Verfügung gestellt wurden – Glühlampen aus Filmprojektoren etwa, Merchandise-Artikel, das ganz private Heiligtum eines Charles-BronsonFans oder Alben, in die es galt, Bilder von Filmstars einzukleben. Dass Cinephilie auch in der Kunstavantgarde verbreitet war, zeigt Joseph Beuys, der den Film „Das Schweigen“zum Schweigen gebracht hat: Die fünf Filmrollen wurden mit Zink und Kupfer überzogen.
Viktoria Schmid macht mit einem banalen Trick die Sprengung eines „Kodak“-Gebäudes rückgängig, Hans Scheugl zeigt eigene Kinderzeichnungen, die eine frühe Faszination des bewegten Bildes belegen. Großartig auch Antoinette Zwirchmayrs unter die Haut gehender Film „Schliere im Aug“oder die durch einfache Eingriffe zu skurrilen Objekten umgestalteten Kinobücher von Mika Taanila. John Baldessari montiert Filmstandbilder neu, Constanze Ruhm setzt sich raffiniert mit einer Liebesszene auseinander. Requisiten aus Jörg-Buttgereit-Filmen berichten von der Alsob-Realität, Filmemacherlegende Kurt Kren ist – kurz und prägnant – mit seiner Lederjacke präsent.