Salzburger Nachrichten

Justiz geht schärfer gegen illegales Herunterla­den vor

Die Besitzer von Urheberrec­hten können nun direkt Internetdi­enstleiste­r klagen, die gesetzwidr­igen Downloads ermöglicht. Warum das ein großer Fortschrit­t ist.

- STEPHAN KLIEMSTEIN

In Österreich ist der Download von urheberrec­htlich geschützte­m Material legal, wenn er privaten Zwecken dient, keine Weitergabe erfolgt und die Quelle nicht offensicht­lich rechtswidr­ig ist. Nicht erlaubt hingegen ist die unbefugte Weiterverb­reitung, darunter fallen auch P2PUploads wie bei Bittorrent.

Als Bittorrent bezeichnet man eine Technologi­e, mit der Nutzer im Internet Dateien austausche­n können, ohne dass diese auf Webservern bereitgest­ellt werden müssen. Dabei werden beliebig große Dateien oder Teile davon für andere zum Download angeboten. Zum Ärger der Unterhaltu­ngsindustr­ie.

Bittorrent wird nämlich häufig für illegales Filesharin­g genutzt – also zur unbefugten Weitergabe von urheberrec­htlich geschützte­n Inhalten wie Musik und Filmen. In diesem Zusammenha­ng hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) seine Rechtsprec­hung jetzt deutlich verschärft: Das Bereitstel­len und Betreiben von sogenannte­n Bittorrent-Plattforme­n mit dem Zweck des Online-Filesharin­gs ist für die Höchstrich­ter eine „öffentlich­e Wiedergabe“, die dem Urheber vorbehalte­n ist. Geistiges Eigentum kann dadurch verletzt werden.

Fraglich war, ob sich der Urheber zunächst an den unmittelba­ren Störer halten muss oder ob er seine Ansprüche direkt gegen den AccessProv­ider, also den Internetdi­enstleiste­r, der den Zugang zum Internet verschafft, richten kann.

Für Rechte-Inhaber ist das Urteil damit von grundlegen­der Bedeutung, weil die Hintermänn­er von Bittorrent-Plattforme­n weitaus schwierige­r zu ermitteln sind als Access-Provider. Es ist kein Geheimnis, dass Betreiber von illegalen Webseiten großen Wert darauf legen, nicht ausgeforsc­ht zu werden. Ihre Leistungen bieten sie deshalb auch aus Ländern an, in denen die Rechtsschu­tzmöglichk­eiten beschränkt oder faktisch inexistent sind: in Taiwan, Mikronesie­n, Laos oder Tonga. Auf einigen dieser Webseiten wird sogar dreist darauf hingewiese­n, dass eine Kontaktauf­nahme völlig aussichtsl­os sei, weil „Inhalte niemals entfernt werden“. Zudem sind die Plattformb­etreiber finanziell meist weniger attraktiv als Access-Provider, was im Falle von Schadeners­atzforderu­ngen für den Rechtssuch­enden relevant ist.

Urheberrec­htsverletz­ungen zu unterbinde­n wird künftig also um einiges leichter und effektiver möglich sein. Voraussetz­ung ist, dass ein urheberrec­htlicher Unterlassu­ngsanspruc­h besteht, wobei laut OGH eine Interessen­abwägung zwischen dem Urheberrec­ht und dem Grundrecht der Internetnu­tzer, der Webseitenb­etreiber und des Access-Providers auf freie Meinungsäu­ßerung, Informatio­nsfreiheit und unternehme­rische Freiheit vorzunehme­n sei.

Dabei sind neben quantitati­ven Elementen auch qualitativ­e Kriterien zu berücksich­tigen: Es ist also zu prüfen, ob die betroffene­n Webseiten strukturel­l rechtsverl­etzend sind. Davon wird auszugehen sein, wenn sie zur massenweis­en Vermittlun­g von Raubkopien beitragen, indem sie den Nutzern den Zugang zu den urheberrec­htlich geschützte­n Werken erleichter­n.

Im vorliegend­en Fall ging es um ein Sicherungs­verfahren, bei dem eine Verwertung­sgesellsch­aft einen österreich­ischen Access-Provider klagte, weil dieser als Internetdi­enstleiste­r den Zugang zu urheberrec­htlich geschützte­n Musikwerke­n über „thepirateb­ay“-Webseiten in Form von Bittorrent-Plattforme­n herstellte. Dazu musste sich der OGH zunächst mit der Frage beschäftig­en, ob die Nutzung des Datentausc­hprogramms Bittorrent überhaupt in die Rechte der Urheber eingreift. Auf Bittorrent-Plattforme­n selbst sind nämlich keine urheberrec­htlich geschützte­n Werke gespeicher­t – dafür Links, die häufig zu Filmen und Musikstück­en führen. Diese Dateien werden Torrents genannt. Als digitale Wegweiser ermögliche­n sie es Nutzern, geistiges Eigentum auszutausc­hen und abzurufen. Dazu werden die Torrents von Anbietern auf eine Webseite hochgelade­n. Andere User, sogenannte Leecher, können danach auf das Angebot zugreifen.

Betreiber von Bittorrent-Plattforme­n haben es sich zur Aufgabe gemacht, die hochgelade­nen Torrents zu sammeln und mit Filmposter­n und Musikcover­n zu versehen, sodass der Nutzer auf einen Blick erkennen kann, um welches Werk es sich hinter dem jeweiligen Link handelt. Dass vom Plattformb­etreiber selbst kein urheberrec­htlich geschützte­s Material abrufbar gehalten oder übertragen wird, spielt für den OGH keine Rolle. Vielmehr genüge es, dass der Anbieter unerlaubte Eingriffe in fremde Urheberrec­hte technisch erleichter­t oder fördert und sich bewusst war, dass er einen Beitrag zur Urheberrec­htsverletz­ung leistet. Im Fall von Bittorrent-Webseiten ist das meist offensicht­lich, weil die Betreiber die illegalen Inhalte ganz bewusst anpreisen, was eine Kenntnis des geschützte­n Materials, auf das verlinkt wird, voraussetz­t. Namen wie „thepirateb­ay“funktionie­ren dabei als Lockmittel.

Weil urheberrec­htliche Unterlassu­ngsansprüc­he auch gegen bloße Vermittler bestehen, die einen Beitrag zu einer Rechtsverl­etzung im Internet leisten, müssen auch Zugangsver­mittler wie insbesonde­re Access-Provider gerichtlic­he Sperrverfü­gungen gegen sich gelten lassen. Laut OGH steht dies im Einklang mit den Grundrecht­en. Die Formulieru­ng im Gesetz „… kann … auch geklagt werden“gewähre dem Verletzten einen direkten Anspruch, der unabhängig von einer Rechtsverf­olgung des unmittelba­ren Schädigers zur Verfügung steht. Eine Entscheidu­ng, die die Rechte von Urhebern ganz massiv stärkt und die zu begrüßen ist, weil es letztlich Access-Provider sind, die Urheberrec­htsverletz­ungen am effektivst­en verhindern oder zumindest eindämmen können.

Stephan Kliemstein ist Rechtsanwa­lt in Salzburg (König & Kliemstein Rechtsanwä­lte OG).

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BILD: SN/FOTOLIA Illegales Filesharin­g im Internet wird immer schwierige­r.

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