Welcher Mensch steckt tatsächlich hinter der Maske?
Ob strenge Krankenschwester oder sexy Kätzchen, ob verwegener Pirat oder lustiger Clown – die Kostüme, die Menschen im Fasching wählen, verraten nicht alles, aber einiges über ihren Seelenzustand.
Der Karneval in Rio de Janeiro ist ein absoluter Höhepunkt des alljährlichen närrischen Treibens. Rund sechs Millionen Menschen tanzen zwei Tage lang Samba. Geht es in Rio letztlich um die Kür der besten Sambaschule, so kann der Fasching in unseren Breiten viel über den Menschen hinter einer Maske aussagen. Männer, die in Frauenkleider schlüpfen, sollen im Alltag souverän und erfolgreich sein. Dagegen kann sich hinter einem Clown ein eher melancholischer Mensch verbergen. Was Kostüme verraten, lesen Sie auf
Männer, die zum Karneval gern in Frauenkleider schlüpfen, sind im Alltag souverän und meist erfolgreiche Geschäftsmänner. Und lustige Clowns, die auf der Faschingsparty mit ihrer Spritzblume am Knopfloch alle nerven, sind im wahren Leben nicht selten ein trauriger Knopf.
Das will zumindest ein Psychologe herausgefunden haben. Und: Menschen mit ähnlichen Charakterzügen wählten zum Karneval überraschend häufig die gleichen Kostüme aus. Das sagt der deutsche Psychologe Rolf Schmiel. Selbst ein überzeugter Karnevalist, hat er sich in einer Untersuchung Kölner Jecken – das sind die Karnevalisten in dieser fröhlichen Stadt – Gedanken darüber gemacht, wer welches Kostüm wählt und ob diese Wahl eine tiefere Bedeutung hat.
Das habe sie, sagt Schmiel. Und empfiehlt: Für männliche Singles lohne ein Blick hinter Hexenmasken. „Damen im hässlichen Hexenkostüm sind sonst sehr attraktiv und wollen im Karneval nicht auf ihre Anmut reduziert werden.“
Also schlummert unter Spitzhut und Buckel angeblich oft eine Schönheit: Dagegen verberge sich hinter sexy „Kätzchen-Masken“im „echten“Leben oft eine eher unscheinbare, schüchterne Person. Und jetzt, Männer, aufgepasst: Es sind laut Schmiel die Langweiler, die gern als Cowboy gehen. Wie überhaupt Klassiker wie Cowboy oder Kätzchen gern von Menschen gewählt würden, die etwas wenig Fantasie hätten, meint der Psychologe. Er habe jedenfalls herausgefunden: „Ein Kostüm verkleidet nicht nur, es entblößt auch die Sehnsüchte des Trägers.“Beim Cowboy sei es eindeutig die Sehnsucht nach Freiheit und Selbstbestimmtheit, meint Schmiel.
Auch hartnäckige Kostüm-Verweigerer verraten dem Psychologen einiges: Wer auf Karnevalsveranstaltungen in Zivil gehe, sei eine Spaßbremse, sagt der Psychologe. Nicht nur am Narrenabend, sondern überhaupt im ganzen Leben. „Wer an Karneval schon mit Handbremse agiert, zeigt auch tendenziell in anderen Situationen, dass er sich nicht an Spielregeln hält.“Sowohl in der Partnerschaft als auch in einer Gruppe seien die „Unverkleideten“jene, die sich oft querstellten und eher spröde seien. Tragische Figur und Außenseiter ist laut Schmiel angeblich der Clown. Dieser zweite Kostüm-Klassiker sei von Haus aus geschlechtslos. Der solcherart Kostümierte fühle sich „auch im normalen Leben weder als Mann noch als Frau akzeptiert“.
Abseits von den Erkenntnissen, die Psychologe Schmiel in seiner Untersuchung gewonnen hat, bleibt die Tatsache, dass ein Kostüm einfach oft nur ein Kostüm ist. Die Wahl fällt nicht selten in letzter Minute auf eine Verkleidung, die in einem Laden noch vorhanden ist. Oder die man schnell daheim bastelt. Und wer auf einem Gschnas unverkleidet erscheint, ist vielleicht sehr lustig und hat nur keine Zeit gehabt, sich eine Pappnase und einen Hut aufzusetzen.