Salzburger Nachrichten

Südafrikas Präsident soll abtreten

Diesmal aber wirklich: Jacob Zumas Amtszeit neigt sich dem Ende zu. Seine Partei will ihn zum Verzicht überreden.

- SN, dpa

Für die meisten Südafrikan­er ist Präsident Jacob Zuma schon Geschichte. Doch der Staatschef ist ein hartnäckig­er Überlebens­künstler: Der heute 75Jährige hat zehn Jahre Gefängnis, bewaffnete­n Kampf gegen das rassistisc­he Apartheid-Regime, Skandale und ebenso viele politische Intrigen überstande­n. Unter seiner Präsidents­chaft hat sich die Korruption wie eine Seuche verbreitet, er selbst ist in Dutzende Fälle verwickelt. Der regierende Afrikanisc­he Nationalko­ngress (ANC) bemüht sich seit Jahresbegi­nn, Zuma abzusetzen. Entscheide­nde Sitzungen wurden einberufen und dann in letzter Minute wieder abgesagt. Gestern, Montag, sollte es endlich so weit sein.

Der erweiterte Parteivors­tand wurde kurzfristi­g für den Nachmittag einberufen. Es wurde erwartet, dass die ANC-Funktionär­e Zuma zum Rücktritt auffordern. Nachfolgen würde ihm sein bisheriger Stellvertr­eter Cyril Ramaphosa (65). Der Politiker und schwerreic­he Unternehme­r war Ende Dezember nach Zuma zum neuen ANC-Parteivors­itzenden gewählt worden.

Zuma ist angezählt, doch es scheint, als habe er in den Verhandlun­gen über seinen Rücktritt noch versucht, diverse Zugeständn­isse auszuhande­ln. Südafrikan­ische Medien berichtete­n, dass er angesichts der vielen Korruption­svorwürfe Straffreih­eit wolle. Das erscheint kaum möglich. Glaubwürdi­ger erschienen Berichte, wonach er fordert, dass der Staat alle Anwaltskos­ten für ihn übernehmen sollte.

Zumas Beliebthei­t erreichte schon bald nach seinem Amtsantrit­t 2009 einen Tiefpunkt, als bekannt wurde, dass er seinen Familiensi­tz im südlichen Ort Nkandla unter dem Vorwand nötiger Sicherheit­svorkehrun­gen um rund 17 Millionen Euro Staatsgeld hatte ausbauen lassen. Das entsprach dem Preis von 100 Einfamilie­nhäusern in Johannesbu­rg – und das in einem Land, in dem die meisten Menschen immer noch in Armut leben.

Zumas zweite Amtszeit ab 2014 wurde überschatt­et von Vorwürfen, er habe einer befreundet­en Unternehme­rfamilie, den indischstä­mmigen Guptas, Geschäfte zugeschust­ert und Einfluss auf die Politik gewährt – bis hin zur Ernennung von Ministern und Managern staatliche­r Unternehme­n. „Zuma muss weg!“, skandierte­n daraufhin Demonstran­ten im ganzen Land. Eine Anklage konnte Zuma aber bisher verhindern.

Jacob Zuma war nach der ersten demokratis­chen Wahl in Südafrika im Jahr 1994 Minister unter Präsident Nelson Mandela geworden. Fünf Jahre später stieg er unter Thabo Mbeki zum Vizepräsid­enten auf, bis er 2005 wegen einer Korruption­saffäre entlassen wurde. Zur selben Zeit befand er sich auch wegen angebliche­r Vergewalti­gung einer HIV-positiven Frau vor Gericht. Für Kopfschütt­eln sorgte seine Erklärung, er habe nach dem ungeschütz­ten Geschlecht­sverkehr heiß geduscht, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Zuma wurde freigespro­chen.

2007 konnte er den ANC-Vorsitz übernehmen, 2009 gewann er die Präsidents­chaftswahl. Zuma, der zur größten Volksgrupp­e der Zulu gehört, ist bekennende­r Polygamist. Er hat sechs Mal geheiratet und soll mehr als 20 Kinder haben, auch uneheliche. Bei politische­n Auftritten begeistert er die Massen mit Gesang und Tanz. Als Präsident trieb er den Kampf gegen die HIV-Epidemie voran, darüber hinaus wird er wohl als Staatschef der verpassten Chancen in Erinnerung bleiben. Unter Zuma stagnierte die Wirtschaft des Landes mit seinen 55 Millionen Einwohnern. Staatliche Firmen sind überschuld­et, das Bildungssy­stem ist marode, die Arbeitslos­enquote liegt nach offizielle­r Lesart bei knapp 28 Prozent – der reale Wert liegt wohl darüber. Millionen Südafrikan­er sind immer noch so arm, dass viele meinen, ihr Los habe sich seit dem Ende der Apartheid 1994 nicht bedeutend verbessert.

Die Einkommens­verteilung in Südafrika ist der Weltbank zufolge in der Tat so ungleich wie kaum woanders in der Welt. Doch Südafrika ist auch die fortschrit­tlichste Wirtschaft des Kontinents, mit guter Infrastruk­tur und einer unabhängig­en Justiz. Darauf kann der pragmatisc­he Managertyp Ramaphosa nun aufbauen.

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BILD: SN/AFP Jacob Zuma wurde für seine Partei zur Belastung.

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